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Theater Von Kiew nach Magdeburg

Vlad Troitsky lebt in Kiew. Gegenwärtig führt er Regie für zwei deutschsprachige Erstaufführungen am Magdeburger Theater.

Von Klaus-Peter Voigt 02.03.2017, 23:01

Magdeburg l Beide Stücken passen zu diesem Anliegen. Der Solo-Abend von Klim „Das Mädchen mit den Streichhölzern“ am 9. März und Fjodor Dostojewskis „Das Gut Stepan­tschikowo und seine Bewohner“ am 18. März knüpfen an das Theaterfestival „Wilder Osten. Ereignis Ukraine“ vom vergangenen Jahr an. Damals gastierte eine Gruppe aus dem von Vlad Troitsky 1994 gegründeten Dakh-Theater in Magdeburg. Es gilt als eines der wichtigsten freien ukrainischen Theater.

Wenn dessen Prinzipal Troitsky von dem Haus in der ukrainischen Hauptstadt spricht, huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Ja, er habe damit etwas gewagt, persönliches Kapital aus seinen eigenen Geschäften in das Projekt investiert, sozusagen als Mäzen und Regisseur agiert. Nach 19 Jahren galt es loszulassen, dem Theater selbst die Verantwortung zu übertragen, in die Rolle des Moderators zu schlüpfen.

Die Bühne unterscheidet sich von einer klassischen Aufführungsstätte mit festem Ensemble. Unabhängige Projekte entstehen von fünf freien Gruppen, die dort Proben- und Auftrittsmöglichkeiten haben. Es herrscht ein buntes Leben abseits vom ansonsten staatlich gelenkten und finanzierten Kulturbetrieb. „Ich bin auf rund 100 Auftritte während des ganzen Jahres stolz, auch wenn wir über nur 60 Plätze verfügen“, berichtet der Mann, der 1964 in Sibirien geboren wurde, in Moskau an der Theaterakademie studierte und heute nicht nur in Kiew, sondern in ganz Europa Theater macht.

Was hat ihn beeinflusst? Troitsky erzählt von der starken Beeinflussung durch russische Kultur, von einer Sinnsuche als Künstler und Mensch in der Ukraine. Dort lebt er, sucht den Austausch, hat Freunde auch noch in Moskau oder St. Petersburg. Die Unterschiede zwischen den einstigen Sowjetrepubliken sind für ihn augenscheinlich. Auf der einen Seite eine totalitäre Ideologie im Land Putins, auf der anderen eine westlich offene Gesellschaft. Diese Situation nennt der Künstler für sich „bitter“, in deren Spannungsfeld die große russische Kultur bestehen will.

Nun zwei Projekte von Vlad Troitsky in Magdeburg. Nach seinem Besuch im vergangenen Jahr war die Regie-Einladung ausgesprochen worden, die Auswahl der Stücke erfolgte gemeinsam mit dem Theater. Sprachlichen Hürden sind für ihn nicht relevant. Regiearbeiten in Polen, Estland, der Schweiz oder in Frankreich belegen, dass es auf die gelebte Kunst ankomme.

„Dass ich in erster Linie Russisch spreche, ist kein Problem. So kann ich mich viel mehr auf mein Gefühl verlassen, mich auf das emotionale Spiel der Akteure konzentrieren“, räumt er ein. Den Magdeburger Schauspielern gilt sein Kompliment. Es sei beeindruckend, wie sie gefordert würden und welches Pensum zu absolvieren sei.