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Museumsneubau Das römische Mainz bekommt ein neues Zuhause

Der Grundstein für das neue Gebäude in Mainz ist gelegt. Nun kann das Römisch-Germanische Zentralmuseum den Umzug vorbereiten. Die Forschung zeigt: Gesellschaftliche Identität hat immer auch Einflüsse anderer Kulturen aufgenommen.

Von Peter Zschunke, dpa 08.05.2017, 12:32

Mainz (dpa) - Im Jahr 2020 soll es soweit sein. Der Generaldirektor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGZM) in Mainz, Falko Daim, ist gespannt auf den Umzug ins Archäologische Zentrum. "Alle sind voller Eifer und Vorfreude auf das neue Haus."

Jetzt gehen die Bauarbeiten mit der Grundsteinlegung in ihre letzte Phase. "Die Rahmenbedingungen werden viel besser sein", sagt der gebürtige Wiener der Deutschen Presse-Agentur. Er nennt 3000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, einen Vortragssaal, Räume für Sonderausstellungen, Museumsgastronomie und Museumsladen.

"Das Museum wird sich wunderbar einfügen in das, was dort schon ist", sagt Daim. Dazu gehört das Museum für Antike Schifffahrt - "unser Schaufenster, unsere wichtigste Einrichtung mit den prächtigen Römerschiffen und den dort möglichen Einblicken in die Forschung." In der Nähe finden sich auch das größte römische Bühnentheater nördlich der Alpen und der Drususstein - für den Generaldirektor "eines der spannendsten Zeugnisse der Römerzeit, das wir kennen".

Das Archäologische Zentrum kann nach seinen Worten ein neuer Hotspot an der Schnittstelle von Forschung und Öffentlichkeit werden: "Das wird sicherlich ein Treffpunkt sein, der viele verschiedene Bedürfnisse erfüllt." Neben dem reichen Kultur- und Bildungsangebot werde das Zentrum auch ein Ort der Ruhe sein.

Vorher kommt viel Arbeit auf die rund 200 Museumsmitarbeiter zu. Rund 200 000 Objekte der Sammlungen müssen für den Umzug vorbereitet werden. Dafür gab es im vergangenen Jahr ein Testprojekt. "Um herauszufinden, wie diese Riesenherausforderung am besten zu bewältigen ist", sagt Daim. Die Erfahrungen sollen nun für den Umzug genutzt werden. Dabei wird jedes Objekt fotografiert, mit dem Bestandsverzeichnis abgeglichen und geprüft, ob eine Restaurierung erforderlich ist. Sobald das Sammlungsstück für transportfähig erklärt ist, wird es verpackt und kann auf den Weg gebracht werden. Auch eine der europaweit größten Fachbibliotheken muss umziehen.

Das Konzept eines Forschungsmuseums sei das explizite Gegenteil eines Elfenbeinturms, sagte der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Konrad Wolf (SPD) bei der Grundsteinlegung am vergangenen Freitag. Die Vermittlung historischer Erkenntnisse liegt RGZM-Generaldirektor Daim besonders am Herzen. Der Bildungsauftrag werde heute anders angenommen als vor 20 Jahren. Damals standen besondere Schaustücke der Sammlung im Zentrum. Heute geht es verstärkt um die interaktive Beteiligung der Besucher, die auch Einblicke in den Forschungsprozess erhalten sollen. "Wir machen ein Angebot, der Besucher sucht sich seine Themen nach persönlichen Fragestellungen und setzt so eigene Schwerpunkte bei der Erschließung der Ausstellung", erklärt Daim.

"Forschen, Sammeln und Bewahren und auch die Präsentation sollen an diesem Ort enger denn je ineinander greifen", sagt der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Matthias Kleiner. Der Neubau werde einmalige Möglichkeiten bieten, um neue Beziehungen zwischen Raum, Museumsobjekt und digitalen Medien zu entwickeln.

Zum besonderen Standort nahe dem Rhein passt es, dass Archäologen bei Grabungen vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten auf Reste einer bisher unbekannten Festungsanlage aus vorbarocker Zeit stießen. Auch Reste von vier mittelalterlichen Öfen zur Produktion von Steinfliesen wurden gefunden. Fehlbrände mit mehr als 100 Motiven belegen eine besondere Kreativität der Handwerker im des 13. und 14. Jahrhunderts. Die Grabungen wurden von der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) Rheinland-Pfalz geleitet, mit der das RGZM eng zusammenarbeitet, auch an seinen Außenstellen Monrepos bei Neuwied und im Vulkanpark in der Eifel.

Forschung sei nie Selbstzweck, betont Daim. "Die Archäologie lässt uns konkrete menschliche Handlungen in der Vergangenheit erkennen. Wenn wir Hinweise auf viele Handlungen haben, die gemeinsam ein Muster ergeben, lässt sich das Wertesystem einer Gesellschaft mit ihren Regelwerken aufdecken." Auch für die Frage nach der eigenen Kultur und der Integration von Zuwanderern ist historische Forschung relevant: "In der Beschäftigung mit der Vor- und Frühgeschichte begegnet man immer dem Austausch von Kulturen", sagt Daim. Zudem habe jeder Mensch unterschiedliche Identitäten - je nachdem, welcher Aspekt der eigenen Persönlichkeit gerade eine Rolle spiele.

Mit dem Umzug ins Archäologische Zentrum begibt sich das Museum auf eine Reise, die auch seine Identität weiterentwickeln wird und den Abschied vom vertrauten Standort im und am Kurfürstlichen Schloss bedeutet. "Wir werden sicherlich eine Träne verdrücken, wenn wir hier den Schlüssel umdrehen", sagt Daim.

Römisch-Germanisches Zentralmuseum