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Vom Museum ins Wohnzimmer? Spanien verliert Meteorit an Finder-Erbin

Er hatte einen weiten Weg zurückgelegt bis zum Gemüsebeet, in dem er entdeckt wurde. Mehr als hundert Jahre später gehört Spaniens berühmtester Meteorit wieder der Familie des Finders. Experten sind entsetzt.

Von Ana Lázaro Verde, dpa 23.03.2017, 08:53

Madrid (dpa) - Nach acht Jahrzehnten in einer Museumsvitrine in Madrid ist der Meteorit von Colomera in Privatbesitz gewechselt.

Spaniens bekanntestes Stück kosmischen Gesteins lieferte früher der Nasa Erkenntnisse für die Mondmissionen. Jetzt weiß nur noch die Enkeltochter des Mannes, der den Meteoriten vor mehr als hundert Jahren in einem Gemüsebeet fand, wo er ist.

Ein Richter hatte Amparo Pontes schon vor zwei Jahren den Meteoriten zugesprochen, und dazu eine Entschädigung von 50 000 Euro, wie erst jetzt bekannt wurde. Ihr Großvater, Antonio Pontes, war im Jahr 1912 beim Graben in seinem Garten im kleinen Ort Colomera in Granada auf das außerirdische Objekt gestoßen. 22 Jahre später überließ er es dem Nationalen Museum für Naturwissenschaften (MNCN) in der spanischen Hauptstadt - in Form einer Art Pfandleihgabe. Laut Vertrag durfte Pontes den Meteoriten jederzeit zurücknehmen. Das hat seine Enkelin nun getan.

"Er ist der erste, der in Spanien gefunden wurde, und wegen seiner Größe auch der wichtigste", erklärt der MNCN-Direktor Santiago Merino im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zur Bedeutung des 134 Kilogramm schweren und einen halben Meter großen Meteoriten.

Der Brocken aus dem All war jahrzehntelang in Madrid untersucht worden, bis ein spanischer Wissenschaftler ihn 1968 an die University of California brachte. Damals, in den Monaten vor der Mondlandung von Neil Armstrong, analysierte die US-Weltraumbehörde Nasa den Meteoriten. Dafür brachen die Wissenschaftler ein Stück ab, so dass er bei seiner Rückkehr nach Spanien nur noch 104 Kilo wog.

"Das alles hat es ermöglicht, den Ursprung und die Zusammensetzung des Meteoriten festzustellen", sagt Merino. Das Fehlen des Fragments habe den Richter aber bewogen, auf Schadenersatz zu entscheiden.

Die Familie hatte erst im Jahr 2008 begonnen, sich für den Meteoriten zu interessieren. Damals war er für eine Ausstellung zurück nach Colomera gebracht worden - zusammen mit dem Dokument über seine Übertragung an das Museum. Die Menschen in der Gegend, in der der Meteorit gefunden wurde, sollten ihn sich auch einmal ansehen können.

Das machten im Museum MNCN bis vor kurzem jedes Jahr tausende Schüler mit Magneten in den Händen. Der metallene Brocken stammt zwar aus dem Weltall - wahrscheinlich von einem Asteroiden - ist in seiner Zusammensetzung dem Mittelpunkt der Erde aber sehr ähnlich.

"Wir können den Erdkern nicht sehen, wohl aber den Eisen-Nickel-Kern eines ähnlichen Himmelskörpers, der uns zugeflogen kam", sagt der Geologe Javier García Guinea vom staatlichen Forschungsinstitut CSIC. Für die wissenschaftliche Gemeinschaft des südeuropäischen Landes sei der Verlust des Meteoriten von Colomera ein großes Unglück. "Man stelle sich vor, das Gemälde 'Las Menina'" (des spanischen Malers Diego Velázquez aus dem Jahr 1656) tauchte in einem Kaufhaus auf", so Guinea.

Es sei ein Problem, sagt Merino, dass der Umgang mit solchen Gesteinen in Spanien nicht gesetzlich geregelt sei. "Was ist ein Meteorit? Es ist kein Fossil, kein archäologischer Gegenstand. Es ist ein natürliches Objekt, das aus dem All gefallen ist und einen wissenschaftlichen Wert hat", sagt er. Die Familie des Finders äußerte sich bislang nicht öffentlich.