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Onkel Pui Der Nachbar mit den tausend Tauben

Heute schon über den Nachbarn geärgert? Ist vielleicht gar nicht so wild. Könnte jedenfalls schlimmer sein. Zum Beispiel mit Onkel Pui, der in seinem Haus in Bangkok Tausenden Tauben Unterschlupf bietet. Und nicht nur ihnen.

Von Von Christoph Sator und Hathai Techakiterranun, dpa 24.07.2017, 09:20

Bangkok (dpa) - Man muss nicht lange suchen, um das Haus von Onkel Pui zu finden. Einfach dorthin, wo die Tauben sitzen. Oder auch dem Gestank nach.

Und wenn das alles doch nichts bringt: nach dem "Vogelmann" fragen. Unter diesem Namen hat es Onkel Pui - bürgerlich Weerasak Sunthonjamorn - in Thailands Hauptstadt Bangkok zu einiger Berühmtheit geschafft. Wobei das respektvoller klingt als gemeint.

Denn mit dem Füttern Tausender wilder Tauben hat der 60-Jährige inzwischen die gesamte Nachbarschaft gegen sich aufgebracht. Die Vögel sitzen bei ihm wirklich überall: auf dem Dach, auf der Antenne, auf den Stromkabeln, in den Fenstern, bis in die Zimmer hinein. Die allermeisten sind frei. Nur einige wenig hocken in Käfigen.

So geht das den ganzen Tag und die ganze Nacht, seit Jahren schon. Dabei sind das Gegurre und der Gestank schon nach ein paar Minuten ziemlich unerträglich. Am schlimmsten, sagen die Nachbarn im Stadtviertel Sutthisarn, ist es jetzt in der Regenzeit, wenn sich Taubenurin, Taubenkot und all der sonstige Dreck mit dem Wasser mischt und durch die Straße getragen wird.

Denn leider lässt es Onkel Pui nicht damit bewenden, den Tauben etwas zu fressen zu geben. Das Geld für das benötigte Futter (pro Monat umgerechnet mehr als 100 Euro) verdient er, indem er Müll sammelt und weiterverkauft. So sieht es in den beiden Stockwerken seines Hauses und auf dem Hof auch aus. Zudem sind bei ihm noch zwölf Katzen und ein Hund zuhause und leider auch ganze Scharen von Kakerlaken.

Die Narretei mit den Vögeln fing nach seiner Erzählung damit an, dass er eine tote Taube auf der Straße fand. Mehr als drei Jahrzehnte ist das her. "Damals begann ich, mich für das Schicksal von Tieren zu interessieren", sagt er. Der studierte Deutschlehrer, der später auch als Übersetzer arbeitete, las dazu auch viele Bücher über den Buddhismus. Buddhisten glauben an die Wiedergeburt, wobei das nicht unbedingt als Mensch sein muss. Taube zum Beispiel ginge auch.

Anfangs ging er jeden Tag zu einem Platz in der Nähe des Großen Palastes, um Vögel zu füttern. Dann, nachdem er eine Reportage über eine Taubenklinik in Indien gesehen hatte, begann er zuhause damit. "Ich habe davon geträumt, ein Wellness-Zentrum für Vögel aufbauen. Aber daraus wird nichts mehr. Ich bin zu alt", klagt der 60-Jährige. "Ich brauche Hilfe. Alle denken, dass ich ein verrückter alter Mann bin."

Tatsächlich wird in der Nachbarschaft fast nur geschimpft. Alle Versuche, ihn zur Vernunft zu bringen - anfangs mit gutem Zureden, dann mit Beschwerden bei den Ämtern und sogar mit einer Klage vor Gericht - brachten nichts. Nach thailändischem Recht ist gegen das Füttern zuhause nichts einzuwenden. So blieb es bei zwei Geldbußen von insgesamt 3000 Baht (etwa 115 Euro) wegen Ruhestörung.

Erst nachdem sich die Klagen der Nachbarn über die sozialen Netzwerke immer weiter verbreiteten, wurde jetzt auch die Stadtverwaltung aktiv. Die Behörden schickten Aufräumtrupps. Zudem ließen sie den Hof zementieren und eine Abwasserleitung verlegen. Onkel Pui nahm das Angebot für den Hof gern an. "Das hilft mir, Ordnung zu halten. Allein schaffe ich das nicht." Ins Haus ließ er die Leute aber nicht.

Ein Sprecher der Polizei, Siripa Srisap, sagt: "Er kennt das Gesetz. Er weiß, dass wir ohne Erlaubnis nicht zu ihm reindürfen." Der Taubenmann selbst meint: "Natürlich werde ich nicht aufhören, Tiere zu füttern. Das ist meine wahre Aufgabe." Für die Tageszeitung "Bangkok Post" posierte er mit einer Kakerlake auf der Zunge. Das Blatt "Nation" hob die "Schlacht ums Taubenhaus" sogar auf den Titel.

Inzwischen haben sich aber auch die Gesundheitsbehörden eingeschaltet. Onkel Pui wurde aufgefordert, zur Untersuchung in die Klinik zu kommen. Der Arzt Patarapol Maneoorn warnte zudem, dass Krankheiten ausbrechen. "Er glaubt, dass er das Richtige tut und ist stolz darauf. Aber jetzt braucht er Hilfe, damit sein Haus und die Nachbarschaft vor unerwünschten Krankheiten geschützt werden."