1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Hat der Zirkus noch eine Zukunft?

EIL

Hat der Zirkus noch eine Zukunft?

Seit Jahrzehnten ist Christel Sembach-Krone die Chefin im größten Zirkus Europas. Die Saison vor ihrem 80. Geburtstag war nach Zirkusangaben besonders erfolgreich. Für den Freizeit- und Zukunftsforscher Horst Opaschowski ist das nicht überraschend.

Von Britta Schultejans, dpa 26.11.2016, 07:00
Artistinnen bei Kunststücken auf den legendären Elefanten des Circus Krone. Foto: Ursula Düren
Artistinnen bei Kunststücken auf den legendären Elefanten des Circus Krone. Foto: Ursula Düren dpa

München (dpa) - Christel Sembach-Krone hat ihr Leben bedingungslos dem Zirkus verschrieben. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist sie die Chefin im Circus Krone in München, dem nach Angaben des Unternehmens größten Zirkus in Europa.

Mit über 70 stand sie noch selbst in der Manege und auch jetzt - mit 80 Jahren - hält sie die Zügel im Zirkusbetrieb fest in der Hand.

Klar, dass sie auch ihren Ehrentag am 27. November quasi in der Manege feiern will. "Es wird einen Rundgang durch die Stallungen geben", sagt Zirkussprecherin Susanne Matzenau. "Und dann eine Bescherung bei den Tieren. Die gibt es immer zu Weihnachten und zum Geburtstag. Das hat Tradition." Ihre Chefin selbst will der Deutschen Presse-Agentur zu ihrem Geburtstag kein Interview geben.

Sembach-Krones Großvater Carl Krone hat einst den Weltruhm des Circus Krone begründet. Vor mehr als 100 Jahren zeigte er den Menschen eine neue Sensation: Der Löwe Pascha thronte stolz und friedlich auf dem Rücken eines Pferdes - eine Revolution im deutschen Zirkus. Carl Krone wollte Tiere nicht mehr nur zeigen, sondern dressieren. Inzwischen gibt es den Zirkus seit 111 Jahren, seit 98 Jahren mit festem Haus in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofes.

Von 1956 bis 2006 stand Sembach-Krone noch selbst mit ihren dressierten Pferden in der Manege, heute arbeitet sie nur noch hinter den Kulissen - dort kümmert sie sich aber um alles: Programm, Künstler, Tourneen. "Und sie sitzt in jeder Generalprobe. Das ist Ehrensache", sagt Matzenau.

Zwar sind Zirkusunternehmen wie der Circus Krone immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt, weil Tierschützer - und inzwischen auch zahlreiche Kommunen - nicht wollen, dass Wildtiere zu Clowns gemacht werden und zur Belustigung des Publikums durch die Manege wandern müssen. An den Besucherzahlen merkt der Circus Krone das aber nicht.

"Wir haben in diesem Jahr eine der erfolgreichsten Sommertourneen überhaupt abgeschlossen", sagt die Sprecherin. 1,1 Millionen Zuschauer hätten die Zirkus-Shows gesehen - dazu kommen dann noch rund 450 000 bei den Shows im Münchner Zirkusgebäude im Winter. Man könne zwar denken, dass Zirkusshows heute nicht mehr in die Zeit passen, aber: "Das Gegenteil ist der Fall", betont Matzenau.

Mehr als eineinhalb Millionen Menschen gehen so pro Jahr allein in Shows des Circus Krone. "Das ist seit mehr als 20 Jahren konstant", sagt sie. "Es ist alles echt, es ist live und es ist in 3D auch ohne Brille."

Wie es um die Branche insgesamt bestellt ist, ist unklar. Einen Branchenverband, der Zahlen dazu rausgeben könnte, gibt es nicht. Für den Freizeit- und Zukunftsforscher Horst Opaschowski passt eine gewisse Renaissance des Zirkus' allerdings durchaus in die Zeit. "Wir leben in unsicheren Zeiten, wir leben in schwierigen Zeiten", sagt er. "Der Zirkus ist vielleicht ein Stück vom Glück, eine Idylle, ein Stück alte Heimat, die es sonst nicht mehr gibt."

Und Frau Sembach-Krone? Will sie denn irgendwann die Verantwortung für ihren Zirkus abgeben? Die Antwort von Sprecherin Susanne Matzenau ist deutlich: "Zirkus ist ihr Leben. Die Frage stellt sich nicht."

Homepage Horst Opaschowski