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Foto-Tipps Optionen gegen Langeweile

Der Leser-Fotowettbewerb „Blende 2016“ läuft noch bis September. Es bleibt also viel Zeit, um mit der Kamera zu experimentieren.

14.08.2016, 23:01

Frankfurt/Main (prohopto/vs) l Der Fotograf ist wie ein Dirigent – letztgenannter leitet das Orchester und der Bildschaffende arrangiert seine Motive. Die Optionen sind vielfältig und dienen alle einem Ziel, nämlich einen Spannungsbogen innerhalb des Fotos aufzubauen und somit das Interesse an diesem für den Betrachter zu erhöhen. Wie heißt es doch so treffend: „Ein gutes Foto ist ein Foto, auf das man länger als eine Sekunde schaut.“ (Henri Cartier-Bresson) Fotografieren bedeutet also, das Spiel mit den Möglichkeiten einzugehen und nicht nur jenes mit Schärfe und Unschärfe. Einige Optionen der Bildgestaltung sind leicht umzusetzen.

In der Regel konzentriert man sich beim Fotografieren auf ein Hauptmotiv und versucht, durch die Wahl der Perspektive das Augenmerk auf jenes zu lenken. Ergebnis sind meist sehr ausgewogene Aufnahmen, die ruhig wirken, aber oftmals den Eindruck der Langeweile suggerieren. Diese durchbricht man, indem eine bipolare Bildspannung aufgebaut wird. Dazu hat man zwei gleichwertige Pole links und rechts. Das Auge – welches diese Unruhe liebt – bleibt in Spannung, wodurch das Interesse an der Aufnahme steigt. Die Bipolare Bildspannung kann einmal rein formal und zusätzlich auch inhaltlich aufgebaut werden.

Alle, die sich schon länger mit der Bildgestaltung auseinandersetzen, haben irgendwann einmal gelernt, dass Lebewesen nicht aus dem Bild blicken sollen, sondern in das Bild. Dementsprechend positionieren wir meist instinktiv Lebewesen – ob Menschen oder Tiere – in unseren Aufnahmen entsprechend. Die moderne Bildsprache folgt dem Gewohnten inzwischen nicht mehr zwangsläufig.

In der Reportage-Fotografie ist immer häufiger zu beobachten, dass sich Menschen nicht nur am Bildrand befinden, sondern aus diesem auch herausblicken. Das Auge wird gezwungen, zwischen den verschiedenen Richtungen hin und herzupendeln. Es kommt keine Ruhe auf, wodurch das Interesse an der Aufnahme steigt.

Gerade Fotografie-Einsteiger neigen dazu, ihr Hauptmotiv in die Bildmitte zu platzieren. Das macht Bilder in der Regel schnell langweilig, weshalb die Positionierung auch wenige Zentimeter außerhalb der Bildmitte den Spannungsbogen erhöht. Natürlich gibt es Motive, bei denen es sinnvoll ist, sie in die Bildmitte zu platzieren. Denken wir hier nur an die Flucht- oder Zentralperspektive.

Das Auge liebt das Spiel mit den Größenverhältnissen, etwa einer großen Person im Vorder- und einer kleineren im Hintergrund. Die Unterschiede in den Größenverhältnissen müssen dabei nicht zwangsläufig groß ausfallen. Ein zusätzlicher Spannungsbogen wird aufgebaut, wenn die Größenunterschiede nicht gleich unmittelbar wahrgenommen werden.

Die Frosch- und Vogelperspektive sind dafür ebenso Beispiele wie sein Motiv auf den Kopf zu stellen oder es von unten nach oben zu fotografieren. Ein Beispiel dafür wäre das Ablichten einer Person, die über ein Gitter läuft.

In der modernen Bildgestaltung sehr beliebt sind dynamische Bildkompositionen, hervorgerufen durch Bewegungsunschärfen. Diese können von Fahrzeugen ebenso herrühren wie von Menschen oder Tieren in Bewegung.

Für Durchblick und einen konzentrierten Blick durch das Bild sorgt der perspektivische Rahmen. Dies kann ein Fensterrahmen ebenso sein wie eine natürliche Rahmung vom Geäst eines Strauches. Die Umrahmung kann – muss aber nicht – um das ganze Bild erfolgen. Manchmal ist es sinnvoll, den Rahmen auch nur anzudeuten. Der perspektivische Rahmen sorgt für Räumlichkeit.

Nicht alles, was man wahrnimmt, muss auch auf Fotografien zu sehen sein. Es ist sogar so, dass überladene Fotos den Betrachter sogar überfordern. Aus diesem Grund ist die Reduzierung der Bildelemente ein probates Mittel, das nicht nur den Spannungsbogen erhöht, sondern mitunter Fragen aufkommen lässt, die das Interesse an der Fotografie steigern.

Ist von Dreieckskomposition die Rede, so muss man unweigerlich an den Maler Caspar David Friedrich denken, der für seine Gemälde oftmals mit Zirkel und Geodreieck arbeitete. Optische Harmonie, sehr gerne angewandt in der Architekturfotografie, wird durch die Anordnung der Motive im Dreieck erzielt. Wie der goldene Schnitt hat das Dreieck eine ordnende und damit harmonisierende Funktion. Bisweilen wirkt es starr, was heute der modernen Bildsprache entgegensteht.

In der modernen Bildsprache sind optische Brüche, also Irritationen, ein sehr beliebtes Stilmittel. Optische Brüche werden durch Motive herbeigeführt, die entgegen zum Abgebildeten stehen. Beispiele dafür wären bei Landschaftsimpressionen die Strommasten oder die heute immer weiter verbreiteten Windräder. Oder nehmen wir die Landschaft durch einen Zaun fotografiert – dieser steht konträr zur Landschaft, verriegelt er diese doch.

Mehr zum Leser-Fotowettbewerb „Blende 2016“ finden Sie hier.