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Laube Ein Hubschrauber flog übern Garten

Weil sie vor Ewigkeiten ein kleines Häuschen in den Garten gesetzt hatte, wird eine Zerbster Familie jetzt zur Kasse gebeten.

Von Gudrun Oelze 27.11.2016, 23:01

Zerbst l Für die Terrasse ihres nach 1990 errichteten Eigenheims schaffte sich eine Zerbster Familie auch hübsche Gartenmöbel und für deren Aufbewahrung im Winter später eine Holzlaube an. Gerade mal 16 Quadratmeter groß, erwarben sie das kleine Häuschen für damals rund 500 Mark und bauten es auf diversen Bohlen auf dem Grundstück auf. Dort ist es inzwischen in die Jahre gekommen und sicher nicht mehr viel wert. Dennoch soll die Familie dafür jetzt einige hundert Euro bezahlen.

Denn kürzlich flog ein Hubschrauber über das Grundstück und es folgte ein Brief des Amtes für Vermessung und Geoinformation, laut dem die nun schon 20 Jahre alte Laube jetzt zwingend vermessen und eingemessen werden müsse, wofür die Grundstückseigentümer auch zu zahlen hätten. Für eine Laube, die einmal für 500 DM im Baumarkt gekauft wurde, jetzt das Doppelte, nämlich 500 Euro für die Einmessung zahlen? Das kann doch wohl nicht rechtens sein, empört sich die Familie. „Wir haben kein Gebäude auf festem Grund und Boden, das Ding steht auf Bohlen, ist vielleicht gerade mal noch 50 Euro wert.“

Warum hat der Baumarkt damals verschwiegen, dass die Einmessung nach über 20 Jahren doppelt so teuer wie der Erwerb werden könne?, fragten sie sich, mussten jedoch erfahren, dass der Verkäufer des kleinen Holzhäuschens nicht verpflichtet gewesen sei, auf später eventuell anfallende Mehrkosten hinzuweisen.

Müssen nun womöglich alle Besitzer solcher kleinen Holzhäuser oder Lauben, die auf vielen Grundstücken zwischen Arendsee und Zeitz als Nebengelass für Gartengeräte und –möbel stehen, unbedingt eingemessen werden?, wollte der Leserobmann beim Landesamt für Vermessung und Geoinformation (LVermGeo) erfahren.

Nach den in Sachsen-Anhalt geltenden gesetzlichen Vorschriften haben Eigentümer von Gebäuden die Vermessungs- und Geoinformationsbehörde „unverzüglich zu unterrichten, wenn ein Gebäude neu errichtet oder ein bestehendes Gebäude in seinen Außenmaßen verändert worden ist“, informierte Behördenleiter Jörg Spanier. Das treffe auch auf alle Gartenhäuser und Gartenlauben zu, die nach dem 29. Mai 1992 errichtet wurden und eine Grundfläche von mindestens zehn Quadratmetern haben.

Wer dieser Unterrichtungspflicht nicht nachkam oder keinen Antrag auf Gebäudever- oder -einmessung stellte, wird vom LVermGeo auf dieses Versäumnis hingewiesen, so deren Präsident. Die Gebühren für die Gebäudevermessung werden nach einer amtlichen Kostenverordnung erhoben.

Danach ist die Grundgebühr für eine Gebäudevermessung für alle Gebäude mit Herstellungskosten von 0 bis 50.000 Euro gleich. „Aus diesem Grund ist es unerheblich, ob das Gartenhäuschen beispielsweise 250 Euro oder 3000 Euro gekostet hat. Auch der derzeitige Wert des Gebäudes spielt keine Rolle“, erläutert Jörg Spanier.

So könne es bei geringen Herstellungskosten des Gebäudes – etwa durch Bau einer Gartenlaube aus „Restmaterialien“ oder bei einem Gartenhaus aus dem Baumarkt – durchaus dazu kommen, dass die Vermessungskosten im Verhältnis zum Herstellungswert des Gebäudes relativ hoch sind, räumt der Präsident des LVermGeo ein.

Doch habe seine Behörde diesbezüglich keinen Ermessensspielraum, sondern sei an die Gebührenerhebung in der vorgegebenen Höhe gebunden, betont er.