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Rentenversicherung Hickhack um Ausbildungsförderung

Der junge Mann, der in einem Magdeburger Handwerksbetrieb das nötige Rüstzeug für Beruf erhält, könnte einer von vielen sein.

Von Gudrun Oelze 18.12.2016, 23:01

Magdeburg l Der Betrieb hatte sich, genau wie Gitta Friedrichs von der SRH Medinet Fachklinik „Alte Ölmühle“, sehr engagiert, dass der junge Mann die Erstausbildung überhaupt absolvieren kann. Dafür hatte die Oberärztin den Leserobmann um Unterstützung gebeten.

Ihr Patient sei vor einem Jahr wegen einer Suchterkrankung in die Magdeburger Klinik gekommen, schrieb sie. „Eine wesentliche Motivation für die Langzeittherapie war eine Zusage aus dem Jobcenter, dass er – bislang ohne Berufsabschluss – dies nachholen könne und die Ausbildung gefördert wird“, teilte die behandelnde Ärztin mit. Nach psychologischer und auch ärztlicher Begutachtung war ihrem Rehabilitanden Ausbildungsfähigkeit bescheinigt worden, ein Betrieb habe ihm trotz Drogenvorgeschichte nach erfolgreich absolviertem Praktikum eine Lehrstelle angeboten.

Doch bevor es damit richtig losging, wurde ihm plötzlich und wider Erwarten mitgeteilt, dass ein ganz anderer Leistungsträger die Ausbildung finanziell unterstützen müsse. Das solle er bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen, hieß es nun. Wenn von dort ein „Nein“ komme – was erwartungsgemäß auch geschah – „könne die Agentur für Arbeit handeln und endlich den Vertrag zur Förderung der Ausbildung unterschreiben“, so die Oberärztin. „Nun sind wir davon ausgegangen, dass unser Rehabilitand jetzt endlich eine Zusage bekommt und die Ausbildung beginnen kann. Weit gefehlt – auch von der Agentur für Arbeit kam eine Ablehnung!“ Sollen alle Bemühungen des jungen Mannes um einen Ausbildungsplatz umsonst gewesen sein, fragte sich die besorgte Ärztin. Ihr Patient verstehe die Welt nicht mehr, sei aber trotz allem noch clean. „Vielleicht ist es mit Ihrer Hilfe möglich, die Ämter zur Vernunft zu bringen und einem langzeitarbeitslosen jungen Mann eine Erstausbildung zu ermöglichen?“

Es dauerte auch nach Einschaltung des Leserobmanns zwei ungewisse Monate, bis endlich feststand, wer in diesem Fall die Ausbildung fördert. Hier ist die Deutsche Rentenversicherung als Leistungsträger einer beruflichen oder medizinischen Rehabilitation zuständig, informierte das Jobcenter Magdeburg. Es könne nur aktiv werden, „wenn nicht andere dazu gesetzlich verpflichtet sind“, erläuterte Christian Schmidt die Rechtslage. Die Zuständigkeit der Rentenversicherung ende in diesem Fall erst, „wenn eine rechtskräftige Entscheidung dieses verneint“.

Erst dann sei das Jobcenter, das den jungen Mann „auf jeden Fall unterstützen“ wolle, handlungsfähig, so der Pressesprecher. Für den Betroffenen bedeutete dies, gegen die ablehnende Entscheidung der Rentenversicherung zu klagen. Zu seinem Glück stand der potenzielle Ausbildungsbetrieb hinter ihm, so dass er die Lehrausbildung erst einmal beginnen konnte.

Nach Auffassung des Sozialgerichtes, das sich nun mit dem Fall beschäftigte, müsste seine Berufsausbildung durch die Rentenversicherung gefördert werden. Die wolle aber gegen diese Entscheidung vorgehen, alarmierte Oberärztin Friedrichs bald darauf erneut den Leserobmann.

Inzwischen war November und der junge Mann noch immer ohne Zusage einer Ausbildungsförderung. Ihm lief die Zeit davon, während sich Behörden weiter über Zuständigkeiten stritten. „Da will jemand wirklich sein Leben ändern – und keiner hilft“, hakten wir bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland nach. Dort wurde dann endlich entschieden, in diesem Fall Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren.

„Unser Haus wird zunächst einen Teil der Ausbildungskosten übernehmen und den Versicherten unterstützen, nach langjährigem Drogenkonsum die einmalige Chance auf eine qualifizierte Ausbildung wahrnehmen zu können“, teilte Pressesprecher Matthias Jäkel mit. Zwischen der Rentenversicherung und der Agentur für Arbeit sei dann später intern zu klären, ob ein finanzieller Ausgleich vorzunehmen ist.