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Solidarität Vom "Erlebnis" eines alten Mannes

Am "Tag der internationalen menschlichen Soliarität" erreicht den Leserobmann ein Anruf, der von einer fragwürdige Begebenheit berichtet.

Von Peter Wendt 09.01.2017, 01:19

Es war ein Hilfeschrei, der mich an meinem letzten Arbeitstag vor der Weihnachtspause erreicht hatte. Zumindest habe ich den Anruf des alten Mannes aus dem Landkreis Harz so verstanden. Hilfe kann in dem Fall nur heißen, wiedergeben, was dem Mann widerfahren war, und das Urteil darüber den Lesern überlassen.

Fast neunzig Jahre sei er alt, sagte der Mann. Dass er noch „gut drauf“ ist, den Eindruck vermittelte er am Telefon trotz aller Aufregung. Er kümmere sich so weit wie möglich um den Haushalt, was seine Frau aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr könne. Dabei habe er selbst ein Handicap, denn er könne nicht mehr viel sehen, er sei „unter zehn Prozent sehfähig“, schilderte der Mann seine Situation. Trotzdem lege er nicht zuletzt darauf Wert, die Dinge des täglichen Bedarfs noch selbst einkaufen zu gehen. „Beim Einkaufen wird mir auch immer geholfen“, berichtete der alte Mann. Eine positive Erfahrung, die ihn freut und an Mitmenschlichkeit glauben lässt.

Dieser Glaube ist jetzt allerdings nachhaltig erschüttert worden – deshalb auch der Anruf beim Leserobmann dieser Zeitung –, und das ausgerechnet in seinem Supermarkt „gleich um die Ecke“. Der Einkauf verlief zunächst wie immer; freundliche Hilfe hatte er wieder bekommen und in ein paar Minuten lag alles in seinem Wagen. Nachdem er seinen Einkauf bezahlt hatte, habe ihn überraschend der Geschäftsführer des Marktes zur Seite genommen und ihm erklärt, er möge „nicht mehr alleine“ zum Einkaufen in seinen Markt kommen, berichtete der alte Mann entsetzt, enttäuscht und verärgert ob der Demütigung, die er erfahren habe.

Um welchen Supermarkt es sich handelte wie auch den Namen des Geschäftsführers will ich hier verschweigen. Die „Bitte“ mag dem Trubel in der Vorweihnachtszeit geschuldet gewesen sein, vielleicht war es auch nur ein Missverständnis, das der Leserobmann hoffentlich auszuräumen helfen kann.

Übrigens wollte es der Zufall, dass der alte Mann mich gerade an dem Tag anrief, der als „Internationaler Tag der menschlichen Solidarität“ im Kalender steht.