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Der Übervater Promi-Geburtstag vom 12. Januar 2017: Florian Havemann

Sein Vater war ein berühmter Chemiker. Er wandelte sich vom Stasi-Mitarbeiter zum Staatsfeind Nummer eins in der DDR. Sein Sohn Florian Havemann wird jetzt 65 - und leidet immer noch am Übervater.

Von Nada Weigelt, dpa 11.01.2017, 23:01

Berlin (dpa) - Selten hat ein Sohn so gnadenlos mit seinem Vater abgerechnet. Als Florian Havemann vor zehn Jahren seine 1100-Seiten-Suada über seine Familie vorlegte, sprach die Kritik von "Vatermord", "Größenwahn" und "Hybris".

Der jüngere Sohn schilderte den einst so bekannten und bewunderten DDR-Dissidenten Robert Havemann als Säufer und Weiberhelden - "ein kleines, triebgesteuertes Männchen", schrieb er.

Am Donnerstag (12. Januar) feiert Florian Havemann seinen 65. Geburtstag - und ist trotz aller erfahrenen Kritik und Häme mit sich im Reinen. "Ich konnte das Buch nur so schreiben, wie ich es geschrieben habe", sagt er in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Für mich war das sehr wichtig, auch wenn es in der Konsequenz bitter war."

Der Roman "Havemann" löste einen Wirbel der Entrüstung aus. Der Suhrkamp Verlag zog das Buch nach wenigen Wochen zurück, weil sich mehrere Menschen durch den Autor in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sahen. Nach drei Prozessen erschien schließlich eine inzwischen vergriffene Neuauflage mit vielen geschwärzten Stellen - "ein grafisches Kunstwerk", wie der Autor frotzelt.

Ironie des Schicksals: Die rasende Anklage gegen den vermissten Übervater wurde keineswegs zum erhofften Befreiungsschlag. Mit dem Suhrkamp Verlag überwarf sich Havemann bald. In Berlin fristet er ein kärgliches Leben als Künstler, Schriftsteller und Putzmann. "Kein Verlag will mehr etwas mit mir zu tun haben", berichtet er. ""Du bist verbrannt", sagt mein Agent."

Bittere Erfahrungen hat er schon früher gemacht. Mit 16 protestierte er als einer der wenigen in der DDR gegen die gewaltsame Beendigung des Prager Frühlings und kassierte dafür eine viermonatige Haftstrafe. Als er drei Jahre später in den Westen floh, warf ihm der Liedermacher Wolf Biermann, ein Freund des Vaters, in einem Lied Verrat an der gemeinsamen Sache vor: "Wer abhaut aus dem Osten/Der ist auf unsere Kosten/von sich selber abgehaun".

Gleichwohl arbeitete Havemann nach dem Fall der Mauer von 1999 an zehn Jahre lang als gewählter Laienrichter am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg. 2002 bewarb er sich um eine Bundestagskandidatur - ausgerechnet bei der SED-Nachfolgepartei PDS. Und eine Legislaturperiode lang war er Berater von Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, dem einstigen Anwalt seines Vaters.

Dieser lässt ihn bis heute nicht los. "Mein Vater hat mich von Geburt an abgelehnt. Kein Mensch weiß warum", sagt Florian Havemann. "Damit muss ich klarkommen im Leben."

Buchhinweis im Perlentaucher

Havemann-Rückblick im Berliner Kurier

Besprechung von "Havemann" in der Zeit (2007)