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Sweetheart Promi-Geburtstag vom 20. März 2017: Vera Lynn

Die Sängerin reist während des Zweiten Weltkriegs um die Welt, um die Moral der britischen Armee aufrechtzuerhalten. Mit Schnulzen wie "The White Cliffs of Dover" und "Auf Wiederseh’n Sweetheart" wird sie zum Superstar. Nun wird sie 100.

Von Uli Hesse, dpa 19.03.2017, 23:01

London (dpa) - Honigsüß sang Vera Lynn gegen das Heimweh und die Alpträume der britischen Soldaten in den Schützengräben des Zweiten Weltkriegs an. So sentimental und nostalgisch, dass sich Parlamentarier und BBC-Manager ernsthaft Sorgen um die Heeresmoral machten.

Doch eine ganze Kriegsgeneration fand sich in ihren Liedern wieder. Ihren 100. Geburtstag am Montag (20.3.) feiert Vera Lynn mit der neuen Platte "Vera Lynn 100".

Ab 1941 moderierte die Klempnertochter das nächtliche BBC-Radioprogramm "Sincerely Yours" und verlas Nachrichten von Familien und Freundinnen an die Soldaten in der Ferne: "Für unsere Männer in Uniform, von dem Mädel daheim, ein persönlicher Brief in Worten und Musik" ist ihr Motto. Ihre Stimme versprach ein Ende der Kriegsschrecken. "We'll meet again" ("Wir werden uns wiedersehen") wurde zum populärsten Song der Show.

Der Radiostar verkörpert das pflichtbewusste nette Mädchen mit breitem Lächeln und vernünftigen Klamotten, mit dem sich auch die Frauen an der Heimatfront identifizieren können: Sie warten stoisch auf ihre Männer, arbeiten in den Munitionsfabriken, trotzen Hunger und deutschen Bombenangriffen.

Die Show bringt ihr nicht nur den Titel "Sweetheart" der Truppen, sondern auch viel Geld ein: Bereits nach einem Jahr verkauft sie mehr Platten als der amerikanische Superstar Bing Crosby.

Sie sang schon mit sieben Jahren in Freizeitvereinen für Arbeiter im Londoner East End. In den wilden 1930ern nahm sie mit bekannten Bigbands erste Songs auf. Der Zweite Weltkrieg wurde zum Sprungbrett für ihre Karriere: Erst Radiostar, dann Superstar. Der britische Komiker und Kriegsveteran Harry Secombe sagte nur halb im Scherz über sie: "Nicht Churchill hat die Nazis geschlagen. Vera sang sie zu Tode."

Wie eine britische Marlene Dietrich reiste sie in die entlegensten Kriegsgebiete. Allein 1944 verbrachte sie drei harte Monate im burmesischen Dschungel, wo Briten erbittert gegen Japaner kämpften, während in Europa der Krieg tobte. Sie sang von der Heimat, während sie von Insekten attackiert wurde, und besuchte Verwundete im Lazarett. Damit verdiente sie sich den Respekt "ihrer Jungs" – bis heute hält sie die Verbindung mit den Veteranen dieser "vergessenen Armee" aufrecht. Jahre später erzählte sie, wie der Geruch von Wundbrand sie immer noch verfolge.

1941 heiratete sie den Musiker Harry Lewis; sie waren fast 60 Jahre lang ein Paar. Nach Kriegsende verließ sie die Bühne, um ihre Tochter Virginia aufzuziehen. Aber lange hielt sie es nicht aus: mit "Auf Wiederseh’n Sweetheart" inszenierte sie ihr Comeback und schaffte es damit 1951 als erste Britin an die Spitze der amerikanischen Hitparaden.

In den 60ern und 70ern adelt die Queen sie mehrmals. Doch ihr nostalgisches Repertoire wird zur künstlerischen Zwangsjacke, der sie zeitlebens nicht mehr entkommt. Dem "Telegraph" sagte sie: "Ich wollte nie eine Judy Garland oder so etwas sein, und nie die Art ändern, wie ich sang." Nach Konzerten erzählen ihr Veteranen, an welchem gottverlassenen Fleck sie ihre Songs während des Kriegs hörten. Bis 1992 tourt Dame Vera Lynn in Deutschland, Australien, den USA; dann werden ihr die Reisen zu viel.

Noch mit 97 Jahren brachte der ehemalige Superstar eine Platte heraus und schaffte es prompt in die britischen Top 20 Charts – ein Weltrekord. Ihre aktuelle Platte "Vera Lynn 100" ist eine Sammlung ihrer größten Hits, mit Originalaufnahmen ihrer Stimme und neuer Orchesterbegleitung. "Ich hoffe, es verliert dadurch nicht an Gefühl", sagte sie der BBC. "Die jungen Leute finden es wahrscheinlich ziemlich zahm, aber für uns war es aufregend und bedeutsam." Sie singe nicht einmal mehr daheim, verriet sie lachend: "Besser, ich erinnere mich an meine Stimme, wie sie mal war!"

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