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Die Macht der Liebe Vor 80 Jahren: Skandal im britischen Königshaus

Amerikanerin, bürgerlich, geschieden, Geliebte eines Prinzen - gab es das nicht schon mal? Die Beziehung von Prinz Harry und Meghan Markle hat Aufsehen erregt. Doch vor 80 Jahren war der Fall Wallis Simpson ein echter Skandal. Wegen ihr dankte König Edward VIII. sogar ab.

Von Uli Hesse, dpa 10.12.2016, 07:01

London (dpa) - 1936 war ein ganz besonderes Jahr für die britische Monarchie. Anfang des Jahres, am 20. Januar, wurde der Playboy und britische Thronfolger Edward, genannt David (1894-1972), zum König von Großbritannien und Nordirland gekrönt.

Keine elf Monate später, am 10. Dezember, dankte Edward VIII. schon wieder ab. Und alles wegen "dieser Frau", wie seine Mutter Queen Mary die Geliebte seines Sohnes nannte: Wallis Simpson (1896-1986). Der damals 41 Jahre alte König verzehrte sich nach ihr. Ein unerhörter Skandal: Wallis war nicht nur bürgerlich, sondern überdies Amerikanerin und zweimal geschieden.

Edward - blond, extravagant, charmant - hatte sie fünf Jahre zuvor auf einer Party im Wochenendhaus seiner damaligen verheirateten Mätresse kennengelernt, Lady Thelma Furness. Er verfiel der verführerischen Amerikanerin aus Baltimore, obwohl sie mit ihrer tiefen Stimme und direkten Art keine konventionelle Schönheit war. In einem seiner täglichen Briefe schrieb er: "Ich liebe dich jede Minute mehr und keine Schwierigkeiten können unser ultimatives Glück verhindern."

Sie hatten darüber hinaus einiges gemeinsam. So überboten sich beide in ihren extremen Diäten - Edward aß manchmal nur eine Apfelsine pro Tag, während Wallis Simpson Essen durch Whiskey und Wasser ersetzte. Sie war damals noch mit dem erstaunlich toleranten Ernest Simpson verheiratet, der dem Techtelmechtel jahrelang zusah: Der Thronfolger und begehrteste Junggeselle der Insel schenkte seiner Geliebten Juwelen von Cartier und entführte sie nach Kitzbühel zum Skifahren.

Edwards Familie hoffte, dass ihn die Krönung und die königlichen Pflichten zur Vernunft bringen würden: Erst eine standesgemäße Ehe mit einer Adeligen, dann der obligatorische Stammhalter. Doch Edward VIII. hatte andere Pläne. Egal wie staatstragend die Verpflichtung, Wallis kam immer zuerst.

Ihre Biografin Anne Sebba glaubt allerdings, dass die Affäre für Wallis lange Zeit nur ein Spiel war und sie niemals "ihren geduldigen Ehemann für den König von England austauschen wollte". Doch wenn Wallis versuchte, Edward zu verlassen, drohte er ihr, "er würde sich entweder umbringen oder ihr bis ans Ende der Welt folgen".

Im Oktober 1936 machten Gerüchte in der High Society die Runde, nach denen Edward seine Geliebte heiraten wolle. Edwards königliche Familie, die Church of England und die Regierung liefen Sturm dagegen. Nur Premierminister Winston Churchill argumentierte, dass man ihm erlauben solle "seine Süße zu heiraten".

Bisher hatten die Klatschreporter in Fleet Street sich zurückgehalten. Dann machte die Affäre weltweite Schlagzeilen, ihr Mann stimmte der Scheidung zu und die Boulevardblätter stürzten sich auf Wallis Simpson: Angeblich sei sie lesbisch, eine Nymphomanin und spioniere für die Nazis. Doch der König hatte seine Entscheidung schon längst getroffen und sagte seiner entsetzten Mutter Queen Mary: "Das Einzige, was zählt, ist unser Glück."

Am 10. Dezember 1936 unterzeichnete König Edward VIII. die Abdankungsurkunde - der einzige britische Monarch, der jemals freiwillig zurücktrat. Von seinem Volk verabschiedete er sich wenige Stunden später mit einer Radioansprache: "Die Entscheidung, die ich getroffen habe, ist meine - und zwar allein meine." Und er appellierte an das Verständnis seiner früheren Untertanen: "Es ist mir unmöglich, die schwere Last der Verantwortung zu tragen und meine Pflichten als König zu erfüllen ohne die Hilfe und Unterstützung der Frau, die ich liebe."

Sein jüngerer Bruder George VI. folgte ihm 1937 auf den Thron und wendete damit die Staatskrise ab. Einen Monat später heiratete das skandalumwitterte Paar in Frankreich. Entweder war es eine der großen Liebesgeschichten des 20. Jahrhunderts oder aber eine königliche Seifenoper mit viel Sex und Pathos, die die britische Monarchie in eine tiefe Krise stürzte. Selbst Wallis wurde ihre Zweifel nie ganz los und schrieb noch aus ihren Flitterwochen ihrem Ex-Mann, wie sehr sie ihn vermisse: "Mein Lieber, war das Leben nicht schön, süß und einfach?"