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Dannigkow-Unglück Bombe stammt wohl aus britischem Flieger

Die Bombe könnte aus einem britischen Flugzeug stammen, das 1944 abgestürzt ist.

Von Manuela Langner 11.08.2015, 01:01

Dannigkow l Die Bombe, die ein 50-jähriger Landwirt am Sonntagnachmittag von einem Feld nahe Dannigkow auf sein Privatgrundstück transportierte, ist ein englisches Prädikat. Das bestätigte der Kampfmittelbeseitigungsdienst. Demnach könnte die Brandbombe von einem Flieger stammen, der im Januar 1944 abstürzte. „Rund um Dannigkow ist einiges an Fliegern abgestürzt. Da es sich um eine englische Bombe handelt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie aus der Nacht zum 22. Januar 1944 stammt“, sagt Andreas Hirte von der Fachgruppe Militär- und Garnisionsgeschichte des Kultur- und Heimatvereins Magdeburg. „Ein gezielter Abwurf so weit außerhalb von Magdeburg ist unwahrscheinlich. In dieser Nacht hat der erste Großangriff auf Magdeburg stattgefunden, bei dem durch starke Westwinde ein Großteil der abgeworfenen Bomben auf die östlich und südöstlich gelegenen Orte (z.B. Pechau) fielen“, erklärt er.

Generell könne man nicht ausschließen, dass diese Bombe ein sogenannter „Notwurf“ war, häufig habe man sich der tödlichen Last entledigt, wenn abzusehen war, dass eine Notlandung bevorstand, erklärt der Experte. „Oftmals wurden bei den Notwürfen freie Flächen oder anscheinend unsinnige Ziele getroffen, was die Bürger zu Aussagen trieb, dass speziell ein kleiner Ort ‚angegriffen‘ wurde“, informiert Hirte. Diese Interpretationen seien oftmals falsch. Es habe keine strategisch sinnvollen Ziele auf dem Lande außerhalb von Industriezentren gegeben. „Das sind eher Zufälle.“

Zufälle, die noch 70 Jahre später gefährlich werden können. Der 50-Jährige fand die Phosphorbombe am Sonntagnachmittag bei Arbeiten auf seiner landwirtschaftlichen Fläche nahe Dannigkow. Dass es sich sehr wahrscheinlich um eine Weltkriegsbombe handele, habe der Mann erkannt, bevor er sie auf seinen Pickup lud, erklärt Polizeisprecher Thomas Kriebitzsch. Dennoch nahm er sie mit auf sein Privatgrundstück und legte sie in eine Metallwanne. Vermutlich aufgrund des Transports traten aus der Bombe Reststoffe aus, die sich auf der Ladefläche des Pickups einbrannten. Die Bombe in der Wanne qualmte. Die Feuerwehr Dannigkow, die zuerst auf dem Grundstück eintraf, forderte Unterstützung durch die Gefahrguteinheit des Landkreises an, nachdem die Einsatzkräfte die schwelende Phosphorbombe gesehen hatten. Der ABC-Zug nahm laut Ralf Fröhlich, Gommerns stellvertretenden Stadtwehrleiter und Einsatzleiter vor Ort, Messungen vor. „Wir konnten zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausschließen, ob diese Bombe nicht auch Nervengifte enthält. Darum haben wir den Evakuierungsbereich erweitert“, erklärt Bernd Girke, der als stellvertretender Kreisbrandmeister mit vor Ort war.Entwarnung habe der ebenfalls alarmierte Kampfmittelbeseitigungsdienst dann gegeben.

Der Finder, seine 49-jährige Partnerin und die Kinder im Alter von 23 und 15 Jahren haben beim Versuch, die Bombe mit Wasser zu löschen, Qualm eingeatmet. Sie mussten ambulant behandelt werden, wurden jedoch nicht schwer verletzt und sind noch am Sonntagabend aus den Kliniken in Schönebeck und Magdeburg-Olvenstedt wieder entlassen worden.

Da anfangs nicht bekannt war, um was für eine Bombe es sich handelte, wurden Anwohner der Straßen Friedrichstraße, Ernst-Thälmann-Straße und Friedhofstraße mittels Lautsprecherdurchsagen der Polizei evakuiert. Etwa 200 Leute wurden in der Sammelstelle am Sportplatz aufgenommen. Vom Kampfmittelbeseitigungsdienst wurde die Bombe in einem Spezialbehälter abtransportiert.

„Die Bürger haben alle besonnen gehandelt, auch wenn sich nicht alle gefreut haben, ihre Häuser verlassen zu müssen“, sagt Gommerns Bürgermeister Jens Hünerbein. Bürger, die nicht mobil waren, sind in die Begegnungsstätte auf dem Dannigkower Sportplatz gefahren worden. Die Stadt kümmerte sich darum, dass die Menschen angesichts der hohen Temperaturen mit Getränken versorgt wurden.

„Wir waren sehr erleichtert, als der Kampfmittelbeseitigungsdienst Entwarnung geben konnte“, setzt Jens Hünerbein hinzu. Danach seien die Dannigkower relativ zügig in ihre Häuser zurückgekehrt.

Die Feuerwehr war mit 40 Einsatzkräften und sieben Fahrzeugen vor Ort.

Der Vorfall zeige, dass Fundmunition jeglicher Art nicht berührt werden sollte und von ihr auch 70 Jahre nach Kriegsende noch große Gefahr ausgehe, betont der Bürgermeister. Wer Munition finde, solle unbedingt die Polizei verständigen. „Unbekannte Metallgegenstände dürfen nicht mitgenommen werden. Tritt der Fall ein, muss die Leitstelle informiert werden. Idealerweise sperrt man das Gebiet ab“, betont Girke. „Man sollte den Fund auch nicht ignorieren, sondern wirklich melden“, ergänzt Kriebitzsch.

Die Stadt Gommern wird prüfen, ob die Rahmenbedingungen vorhanden sind, die Kosten des Einsatzes den Verursachern in Rechnung zu stellen. Ähnlich wird auch die Polizei vorgehen. Dort steht das Ermittlungsverfahren jetzt an erster Stelle. In diesem erhalten der 50-Jährige und die anderen Betroffenen die Möglichkeit, sich zu äußern. Im Raum stand eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. „Allerdings ist hier kein Vorsatz zu erkennen. Er hat einfach falsch gehandelt. Realistischer ist es eine Ordnungswidrigkeit. Das wird jetzt aber sondiert“, sagt der Polizeisprecher.

Von einer waghalsigen Aktion spricht der stellvertretende Kreisbrandmeister. „Bei solchen Funden kann das Löschen mit Wasser eben ganz andere Reaktionen hervorrufen. Es hätte durchaus schlimmer enden können“, betont Girke.