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Nedlitzer Mumien Frau Pforte ist ein Mann

Nach Tests steht jetzt fest, dass die als Frau Pforte bekannte Nedlitzer Mumie ein Mann ist.

Von Manuela Langner 30.01.2016, 18:00

Nedlitz l  Kleine Sensation in Nedlitz: Nach einer CT-Untersuchung und einem DNA-Test steht fest, dass die als Frau Pforte bekannte Mumie ein Mann ist. Die Ergebnisse ihrer Forschung stellte Amelie Alterauge vor großem Publikum in Nedlitz vor.

Ein kräftiges Kinn, fliehende Augenhöhlen und ein Becken, das für Schwangerschaften nicht gemacht ist: Amelie Alterauge baute ihre Beweiskette ganz behutsam auf. Die Anthropologin schreibt gerade an ihrer Doktorarbeit und hat dafür auch die Nedlitzer Mumien untersucht. Am Donnerstagabend stellte sie ihre Ergebnisse einem gespannten Nedlitzer Publikum vor. Das Interesse war so groß, dass kaum alle Leute in den Versammlungsraum hineinpassten.

Seit Frühjahr 2013 gibt es in der Nedlitzer Kirche St. Nikolaus die Ausstellung „Tod und Begräbniskultur“, zu der auch eine Besichtigung der Nedlitzer Mumien gehört. Die Grablage war auf Initiative des Fördervereins Kirche St. Nikolaus wieder würdig gestaltet worden. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Lebensgeschichten von Robert Christian von Hake und Johanna Juliane Pforte, deren mumifizierte Körper so gut erhalten waren, dass sie der Öffentlichkeit gezeigt werden können.

Laut Sterberegister verstarb Johanna Juliane Pforte mit 70 Jahren. Die Mumie sei wesentlich jünger verstorben. „Und war für die Zeit relativ groß, was für eine Frau ungewöhnlich ist“, erklärte Amelie Alterauge.

Um sich ganz sicher zu sein, wurde zusätzlich zum CT die DNA untersucht. Das Institut für Evolutionäre Medizin an der Universität Zürich fand XY-Chromosomen. „Frau Pforte ist nicht Frau Pforte. Sie ist ein Mann“, sagte Amelie Alterauge und löste damit großes Staunen aus.

Aber die Mumie trage doch Frauenkleider, lautete ein Zwischenruf. „Einen Hausmantel, kein Kleid“, erklärte die Anthropologin. Der passe ebenfalls besser zu einem Mann als zu einer Frau - wie die Halsbinde der Mumie.

Amelie Alterauge hatte mit Textil-Experten Rücksprache gehalten, um alle Zweifel ausräumen zu können.

Die Mumie, die bislang Frau Pforte war, ist nicht älter als 40 Jahre geworden, und war vermutlich Pfeifenraucher. Zwei Männer, von denen man sicher weiß, dass sie in der Gruft bestattet wurden, kommen in Frage: der 1797 verstorbene Johann Christian Lilie oder der 1826 verstorbene Johann Friedrich Kohnert. Letzterer gilt als wahrscheinlich, wenn sich Tuberkulose nachweisen lässt.

Ein deutlich übergewichtiger Mann, dem schon diverse Zähne fehlten, der etwa 1,69 Meter groß war und an Harnsteinen litt: So kann man sich Robert Christian von Hake vorstellen. Er wurde in einem Seidengewand bestattet. Kleine Nadeln hielten es in Form.

Auf das digitale Modell seines Schädels wurden Gewebemarker aufgetragen, so dass ein Gesicht entstand, wie der Nedlitzer Gutsherr einst ausgesehen haben könnte. Einen 3-D-Druck brachte Amelie Alterauge für die Nedlitzer Ausstellung mit. Dass dieses Gesicht wenig Ähnlichkeit mit dem Grabepitaph habe, merkte Eberhard Rode an. Hierzu erläuterte die Wissenschaftlerin unter anderem, dass man nicht wisse, wann das Epitaph entstanden sei.

Wenn ihre Ergebnisse auch nicht angezweifelt wurden, gab es doch nachdenkliche Stimmen. Bis zu CT- und DNA-Untersuchung hatten schließlich überzeugende Anhaltspunkte dafür gesprochen, dass es sich bei der Mumie um Frau Pforte handelt.

Dass sie ihre Frau Pforte gern zurück möchten, machten die Nedlitzer deutlich. Es gebe mehrere Särge „mit Potential“, informierte Amelie Alterauge. Aus heutiger Sicht sei der Sarg am wahrscheinlichsten, der dem von Herrn Pforte am ähnlichsten sehe. Gewissheit könne nur eine erneute Öffnung der Särge bringen.