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Uhu in Ziepel Flieg „Bibu“, flieg ...

Seit einem halben Jahr gehört ein schmucker Bengalenuhu zur Familie von Dajana Wagener in Ziepel. „Bibu“ ist schon im Netz.

Von Mario Kraus 18.05.2016, 17:00

Ziepel l Ein nasskalter Wind fegt über das Grundstück, die dunklen Wolken am Ziepeler Himmel lassen genau an diesem Tag nichts Gutes erahnen. Ausgerechnet jetzt muss ein Regenschauer niederprasseln. Derweil freut sich „Bibu“ aber trotzdem über den Besuch an seiner großen Voliere. Vor allem aber darüber, dass sein Frauchen gleich die ersten Futterbissen zurechtschneidet. Denn Futter ist nicht nur gut für den kleinen Uhu-Magen, sondern für alle Tiere das beste Erziehungsmittel. „Bibu“ hat nämlich jetzt am späten Nachmittag richtig Hunger. Das heißt: Wenn es aufgehört hat zu regnen, wird er von einem Holzstamm zu seiner Trainerin fliegen und dann mit leckeren Bissen belohnt. Das ist nichts anderes als das kleine Einmaleins der Falknerei, das Dajana Wagener mit viel Geduld und Freude ausübt und das bei „Bibu“ mittlerweile für staunende Zuschauergesichter sorgt.

Kindheitstraum erfüllt

Endlich – der Himmel wird klarer. „Wir kriegen hier sowieso meistens nicht soviel Regen ab“, sagt Dajana Wagener und befestigt „Bibu“ erstmal am Lederhandschuh, bevor er abheben kann. Der weiß schon, was jetzt kommt und die ohnehin großen Augen leuchten jetzt erst recht. Etwa 40 Meter entfernt steht Dajana Wagener mit ihrem Lederhandschuh – „Bibu“ schwingt die Flügel, fliegt zu ihr und verschlingt das erste Futter. Danach gibt’s Streicheleinheiten. Der muntere Bengalenuhu ist Menschen längst gewohnt und lässt sich ohne Scheu anfassen. Der Blick zu Dajana lässt schon erahnen, wie sehr beide mittlerweile verwachsen sind. „Wir sind aufeinander eingestellt, ich seine Partnerin“, sagt die junge Frau, bevor das Flugtraining fortgesetzt wird. „Bibu“ macht seine Sache gut, selbst der immer wieder aufkommende Wind stört ihn nicht – so lange er immer noch Hunger verspürt. Dass es nach den geradlinigen Flügen auch ausreichend Lob gibt, versteht sich von selbst. Denn der Uho gehört zur Familie. „Das weiß er auch“, sagt die 34-Jährige, die sich mit diesem Hobby einen Kindheitswunsch erfüllt hat, der sie all die Jahre nie wirklich losgelassen hat. „Es ist jetzt für mich ein absoluter Traum. Schon immer haben mich Greifvögel fasziniert. Sie sind etwas Besonderes.“ Und dann ist da noch die Bindung zur Natur und zur Jagd, die ihr quasi vom Großvater und Vater mit die Wiege gelegt wurden. Nägel mit Köpfen machte Dajana Wagener dann endlich im vergangenen Jahr bei einem Besuch im Wörlitzer Park bei der dortigen Falknerei. Ein spezieller Tageslehrgang rund um die hohe Kunst der Beizjagd war der letzte innere Überzeugungsschritt, diesen Weg einzuschlagen. Der Uho war für sie am besten geeignet – nicht zu groß und nicht zu klein. So zog im November Fleckenuho „Felix“ aus der Wörlitzer Falknerei in Ziepel ein. Doch Tier und Mensch harmonieren nicht immer miteinander. „Felix“ war bereits zu sehr auf seinen Wörlitzer Falkner ausgerichtet. „Es hat nicht gepasst zwischen uns, die Bindung war zu verkrampft“, blickt sie zurück. „Felix“ fliegt nun wieder in seiner Wörlitzer Heimat.

„Bibu“ dagegen ist, nachdem er Anfang des Jahres mit fünf Wochen aus einer holländischen Zucht abgeholt wurde, in Ziepel aufgewachsen „und hat sechs Wochen neben dem Bett geschlafen“. Da entsteht eine ebensolche Vertrautheit wie zwischen einem Hund und seiner Familie. Kein Wunder auch, dass beispielsweise die Rauhaardackelhündin, eine von drei Vierbeinern im Hause, ganz stolz mit Bengalen- uhu „Felix“ posiert, ohne dem gefiederten Freund auch nur ein Haar oder eine Feder zu krümmen.

Bei soviel Liebe zur Falknerei will Dajana Wagener in absehbarer Zeit auch den Falknerschein machen. Das muss nur zeitlich alles passen. Immerhin arbeitet sie in einer Härterei in Gommern im Vier-Schicht-System und steht jeden Tag an der Poliermaschine ihren Mann. „Aber das packe ich auch noch an. Vielleicht im nächsten Jahr.“

In Ziepel scheint nach einer Stunde wieder die Sonne. „Bibu“ sitzt ruhig und satt in seiner geräumigen Voliere auf einem Ast. Dajana macht noch schnell ein Fotoshooting für die facebook-Seiten, denn die Fangemeinde wächst. Apropos Fotografieren. Das ist noch ein Handwerk von Dajana mit hochprofessionellen Zügen. Wer morgens in aller Herrgottsfrühe im väterlichen Revier bei Niegripp am Fuchsbau sitzt, um die Meister-Reinecke-Familie ganz nah mit der Kamera einzufangen, hat nicht nur die jagdlichen Gene von Vater Horst in sich, sondern auch ganz viel Leidenschaft.