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Burger Schule Unterrichtsversorgung bei nur noch 74 Prozent

In der Burger Diesterweg-Sekundarschule kann akutell jede vierte Unterrichtsstunde nicht regulär erteilt werden.

Von Steffen Reichel 17.09.2016, 07:00

Burg l Die Unterrichtsversorgung liegt bei nur noch 74 Prozent. Das lässt bei den Eltern die Alramglocken schrillen.

„Der Unterrichtsausfall betrifft alle Schüler, von der 5. bis zur 10. Klasse“, sagt Katrin Lehmann, Vorsitzende des Schulelternrates. Besonders große Lücken gebe es in den Fächern Physik, Mathematik und Musik, aber auch Chemie- und Biounterricht würden nur eingeschränkt erteilt. „Auch schon im vergangenen Schuljahr konnte der Unterricht nicht abgedeckt werden. Jetzt hat sich die Situation aber nochmal verschärft. Physikunterricht findet seit dem neuen Schuljahr nur noch sehr eingeschränkt statt. Bio soll es für manche Schüler erst im zweiten Halbjahr geben. Wie sollen die Kinder dann anstehende Vergleichsarbeiten schreiben?“, fragt Katrin Lehmann, die die Bemühungen der Schulleitung, den unhaltbaren Zustand zu beenden, anerkennt. „Der Schulleiter ist bestimmt einmal in der Woche beim Schulamt und macht Druck. Vor den Lehrern, die noch da sind und den Laden am Laufen halten, muss man den Hut ziehen. Und es ist auch schon was passiert, zum Beispiel, dass Lehrer aus anderen Burger Schulen stundenweise zur Diesterweg-Schule abgeordnet wurden. Aber damit ist das Problem leider nicht zu lösen.“

„Dass Unterricht ausfällt, kann und darf natürlich kein Dauerzustand sein“, sagt der zuständige Bildungsminister Marco Tullner (CDU) und verweist darauf, dass das Land 110 Lehrerstellen ausgeschrieben hat. „Dass wir verbeamten können, wird uns dabei helfen, neue Lehrer zu gewinnen“, ist Tullner überzeugt, und auch „Quereinsteiger“ könnten sich bewerben. Zur Lehrerausbildung, die in Sachsen-Anhalt vor allem in Halle stattfindet, sagte Tullner, dass sich das Land angesichts des Lehrerbedarfs natürlich auch auf diesem Feld verstärkt engagiere, dass aber junge Leute, die heute ein Lehrerstudium aufnehmen, erst nach sieben Jahren Ausbildung vor der Klasse stehen würden.

Wie sieht es nun in der Diesterweg-Sekundarschule konkret aus und was sind die Perspektiven für Schüler, Eltern und den Lehrkörper?

Dass es in der Sekundarschule „F. A. W. Diesterweg“ in Burg Probleme bei der Absicherung des Unterrichts gibt, bestätigt Silke Stadör vom Landesschulamt in Halle. Die Unterrichtsversorgung liege aktuell bei 74 Prozent. „Obgleich sieben Lehrkräfte vorübergehend mit erhöhter Stundenzahl arbeiten, können unter anderem der Musikunterricht in den Klassen 5 bis 9, der Physikunterricht in den Klassen 8 und 9 sowie der Ethikunterricht in den Klassen 7 bis 9 nicht vorgehalten werden. Zusatzangebote im Rahmen der Ganztagsschule, differenzierter Unterricht und Förderunterricht müssen momentan entfallen“, so Stadör.

Die aktuelle Situation habe verschiedene Ursachen: Einmal planmäßige und ungeplante Lehrer-Ausfälle, die bislang nicht ausreichend kompensiert werden konnten. Zudem seien die tatsächlichen Schülerzahlen um etwa 30 Schüler höher als prognostiziert. Stadör: „Mit dem Ende des vergangenen Schuljahres 2015/16 haben drei Lehrkräfte die Schule aus unterschiedlichen Gründen verlassen. Zwei weitere Kolleginnen befinden sich in Elternzeit. Mit Beginn des Schuljahres kamen zwei weitere unvorhergesehene Ausfälle hinzu.“

Die vakanten Stellen konnten bisher nicht mit anderen Lehrern besetzt werden. Stadör: „Wir hatten im Jahr 2016 insgesamt fünf Stellen für die Diesterweg-Schule ausgeschrieben, die wir alle mangels Bewerbern nicht besetzen konnten. Es gab lediglich einen Bewerber für das Fach Musik, der das Einstellungsangebot jedoch ablehnte.“

Das Landesschulamt versuche momentan auf allen möglichen Wegen, die Schule zu unterstützen, hieß es weiter: Vier Lehrkräfte von anderen Schulen der Region (größtenteils Gymnasien) seien stundenweise abgeordnet und verstärkten den Unterricht in den Fächern Physik, Mathe, Musik und Technik. Die Möglichkeiten weiterer Abordnungen seien ausgeschöpft, da die Unterrichtsversorgung an den Sekundarschulen im Jerichower Land im Durchschnitt bei 95,4 Prozent liegt und bei den Gymnasien nur knapp über 100 Prozent erreicht werden.

Stadör weiter: „Wir hatten eine Stelle für eine befristete Einstellung bis zum Dezember 2016 zur Absicherung des Physikunterrichtes ausgeschrieben. Diese Ausschreibung war erfolgreich. Wir konnten so zumindest für vier Stunden Physikunterricht eine Vertretungs-Lehrkraft finden. Für drei weitere befristete Stellen werden Ausschreibungen vorbereitet. Wir warten auf die Freigabe finanzieller Mittel.“

Zur Entspannung der Situation soll auch beitragen, dass in der nächsten Woche eine neue, unbefristet beschäftigte Migrations-Lehrkraft ihre Tätigkeit in der Diesterweg-Schule aufnimmt.

Stadör verweist darauf, dass die Burger Schule in der jüngsten Stellenausschreibung vom 8. September nochmals mit vier unbefristeten Stellen berücksichtigt ist. „Gesucht werden Lehrkräfte für die Fächer Mathe, Physik, Musik und Technik sowie für die sonderpädagogische Förderung. Wir sind allerdings darauf angewiesen, dass sich geeignete Bewerber finden. Durch ein geändertes Ausschreibungsverfahren hoffen wir, erfolgreicher als bei unserer Juni-Ausschreibung zu sein. Zudem sind die Ausschreibungsvoraussetzungen für einen größeren Personenkreis geweitet wurden. Auf die vier Stellen der Diesterweg-Schule in Burg können sich außer ausgebildeten Sekundarschullehrern auch Gymnasial- und Berufsschullehrkräfte und in weiteren Verfahren auch Lehrkräfte mit DDR-(Diplom)-Abschlüssen sowie Seiteneinsteiger mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung bewerben.“

Schulelternratsvorsitzende Katrin Lehmann anerkennt die Bemühungen des Schulamtes und findet auch gut, dass jetzt sogar der zuständige Minister die Situation an der Burger Schule kennt. Sie drängt aber auf kurzfristige Lösungen: „Durch den Lehrermangel und die hohe Zahl von Förderschülern und Schülern mit Migrationshintergrund ist die Diesterweg-Sekundarschule inzwischen nach Meinung vieler Eltern auf das Niveau einer Hauptschule abgerutscht. Da muss mit allen Mitteln gegengesteuert werden.“