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Finzelberg-Prozess Hat der Kronzeuge wiederholt gelogen?

Der Kronzeuge im Prozess gegen Ex-Landrat Lothar Finzelberg sei ein notorischer Lügner. Das erklärte jetzt die Verteidigung in Magdeburg.

Von Franziska Ellrich 20.07.2016, 07:38

Magdeburg/Möckern l Zwischen Herbst 2003 und Mitte 2004 will Uwe S. dem damaligen Landrat des Jerichower Landes Lothar Finzelberg 10 000 Euro übergeben haben. Das Geld soll von einem der Tongruben-Betreiber, Edgar E., gekommen sein. Ort der Übergabe war laut Aussage von Uwe S.: Der Rolandplatz in Burg. Vor der Volksbank soll die Geldübergabe in einem Umschlag stattgefunden haben. Uwe S. konnte sich in seiner Zeugenaussage an ein Fest und viele Menschen auf dem Platz erinnern. Es könne sich dabei um das alljährliche Rolandfest in der Kreisstadt Burg gehandelt haben - traditionell findet das im September statt.

„In dem beschriebenen Zeitraum fanden aber keine großen Veranstaltungen auf dem Rolandplatz statt“, erklärte der Verteidiger von Edgar E. jetzt vor dem Magdeburger Landgericht. Am Montag wurde der Prozess gegen Lothar Finzelberg und Edgar E. fortgesetzt. Dabei geht es um Bestechung. Laut Anklage gab es von den Betreibern der Tongruben in Möckern und Vehlitz Geld für den damaligen Landrat - damit er Einfluss auf die Genehmigung zum Verfüllen der Gruben nimmt. Mehr als eine Million Tonnen Hausmüll sind in der Erde gelandet - und belasten jetzt die Umwelt.

Finzelberg streitet die Vorwürfe ab. Beweisen soll die einzelnen Geldflüsse von insgesamt mehr als 250 000 Euro der Kronzeuge Uwe S. Doch der ist den Rechtsanwälten zufolge ein „notorischer Lügner“. Dass im September 2003 das Rolandfest ausfiel, haben auch Volksstimme-Recherchen ergeben. Grund dafür war der Sachsen-Anhalt-Tag, der zwischen dem 27. und 29. Juni 2003 in Burg stattfand. In einem Artikel vom September 2004 heißt es: „Nach vier Jahren Pause konnten die Burger am Wochenende wieder ein Rolandfest feiern.“ 2001 sei das Fest wegen des Anschlags vom 11. September abgesagt wurden, 2002 wegen des Hochwassers und 2003 stand dann - mit einem Jahr Verzug - im Zeichen des Sachsen-Anhalt-Tages.

„Wir bitten das Gericht darum, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu überprüfen“, stellt der Rechtsanwalt von Edgar E. seinen Antrag. Es werde sich herausstellen, dass Uwe S. als „einziger Belastungszeuge“ gelogen hat. Der Verteidiger bringt weitere Beispiele, welche die Aussagen von Uwe S. in Frage stellen. Zum einen habe er immer behauptet, dass wenn es bei Edgar E. um „Weißwürste aus der Schweiz“ ging, Geldbeträge gemeint waren. Dem soll ein Zeuge widersprochen und erklärt haben, dass „echte Weißwürste“ - eine Leibspeise von Edgar E. - gemeint waren.

Zum anderen sei Uwe S. „jederzeit bereit seine Aussage zu ändern“. Hat der Kronzeuge bei seiner Vernehmung bei der Polizei noch deutlich gemacht: Der Tongruben-Betreiber Siegfried K. wusste von allem. So habe das in der Vernehmung vor Gericht schon anders ausgesehen. Plötzlich konnte sich Uwe S. nicht mehr daran erinnern. Das Verfahren gegen den zu Beginn Mitangeklagten Siegfried K. wurde bereits eingestellt.

Weiterhin hatte Uwe S. behauptet, dass auf Anweisung von Finzelberg damals Personal in der Kreisverwaltung versetzt wurde - mit Blick auf den Abfall. Dazu wurde am Montag Kreisvorstand Bernd Girke noch mal befragt. Seine Antwort: „Ich kann mich an keine Versetzungen erinnern.“ Erst nach den Durchsuchungen und Vernehmungen habe eine Mitarbeiterin selbst um die Versetzung gebeten.

Am Montag, 1. August, wird vor dem Magdeburger Landgericht weiterverhandelt. Die nächsten Prozesstermine sind bereits bis in den März 2017 festgelegt.