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Finzelberg-Prozess Sonderbehandlung für Tongruben-Firma

Zeugen vor dem Landgericht Magdeburg berichten, dass sich Ex-Landrat Finzelberg besonders für die Sporkenbach Ziegelei eingesetzt hat.

Von Franziska Ellrich 10.05.2016, 06:00

Magdeburg/Möckern l Seit mehr als 20 Verhandlungstagen sitzt der ehemalige Landrat des Jerichower Landes Lothar Finzelberg vor Gericht. Laut Anklage soll er mehr als 200.000 Euro an Bestechungsgeldern von den Tongruben-Betreibern kassiert haben. Doch die Frage neben dem Ob, ist die nach dem Wofür? Tausende Tonnen hausmüllähnlicher Abfall sind illegal in den Tongruben des Landkreises verfüllt worden. Die Betreiber verdienen Millionen damit. Bis zum Jahr 2008, als in einer Fernsehreportage der Skandal öffentlich gemacht wird.

Doch welchen Einfluss hat der damalige Landrat auf die Genehmigungen für die insolvente Sporkenbach Ziegelei? Wofür könnte er Bestechungsgelder überhaupt kassiert haben? Dieser Frage scheint der Vorsitzende Richter Gerhard Köneke am Montag am Magdeburger Landgericht nachzugehen. Zwei Zeuginnen sind geladen, die sich zwischen 2005 und 2007 in der Landkreisverwaltung mit dem Thema Abfall beschäftigen.

Drei dicke Ordner liegen vor den damaligen Verwaltungsangestelltinnen auf dem Zeugentisch. Die Seiten darin sind vier mal neu nummeriert worden. Bis der richtige Antrag oder die entsprechende Email gefunden ist, vergehen immer wieder die Minuten. Obgleich die erste Zeugin, vor zehn Jahren noch Mitarbeiterin im Sachgebiet Abfallwirtschaft, sich nicht mehr an viel erinnern kann. Eines weiß die heute 61-Jährige noch ganz genau: „Das Bemühen von Finzelberg um die Sporkenbach Ziegelei war etwas Besonderes.“ Warum wisse sie nicht.

Sobald die Tongruben-Betreiber etwas wollten, seien Nachfragen ihrer Vorgesetzten in der Kreisverwaltung gekommen, unter anderem von Kreisvorstand Bernd Girke. Und dann musste es ganz schnell gehen. „Das war bei anderen Betrieben nicht so“, erinnert sich die Zeugin. Was noch einzigartig in punkto Tongruben ist: Unter eine ihrer Stellungnahmen zum Sporkenbach-Genehmigungsantrag setzt sie damals den Namen ‚Finzelberg‘. „Ich war wütend“, erklärt die Verwaltungsangestellte. Immer wieder habe sie die Stellungnahmen umschreiben müssen, habe Anweisungen dazu bekommen und enge Terminfristen für die Bearbeitung. „Inhaltlich gab es keine Vorgaben, aber ich ging davon aus, dass ich zustimmen soll.“ Dabei stehen im Mittelpunkt der Diskussion wiederholt die verschiedenen Abfallarten, die in der Tongrube dem Antrag zufolge verfüllt werden sollten. Laut Gesetz hätte in den Gruben „in der Regel nur Boden“ landen dürfen, macht die Zeugin deutlich.

Die Betriebspläne für die Verfüllung der Tongruben wurden letztlich zwar vom Landesbergamt zugelassen, jedoch spielen bei der Entscheidung die Stellungnahmen des Landkreises eine wesentliche Rolle. „Offensichtlich wurde über die Stellungnahme innerhalb der Behörde gerungen“, stellt der Vorsitzende Richter während der Befragung fest. Genau das geht auch aus den Aussagen der zweiten Zeugin, damalige Sachgebietsleiterin, hervor. Sie weiß noch genau, wie im Jahr 2006 „der Antrag zur Genehmigung einer Anlage zum Verfestigen und Stabilisieren von Abfällen“ bei ihr auf dem Tisch landet. Die heute 65-Jährige räumt ein, dass die Bearbeitung „ziemlich lange“ dauerte. Ein Grund dafür sei der stetige Personalmangel in der Verwaltung gewesen.

Auch Wochen später habe sie noch auf die Stellungnahme der Abfallbehörde gewartet. Für Kreisvorstand Girke scheint das zu lang. „Er hat mir ganz deutlich klar gemacht, dass ich mir was einfallen lassen soll“, sagt die Zeugin. Innerhalb einer Woche wolle er einen Genehmigungsbescheid sehen. Weil der Sachgebietsleiterin die Stellungnahme fehlt, baut sie eine Bedingung in den Bescheid ein: Die Anlage dürfe erst in Betrieb genommen werden, wenn nachgewiesen ist, dass die verwendeten Stoffe schadlos sind. Ob dieser Nachweis je erfolgt ist, kann die Zeugin nicht sagen. Sie übergibt zu diesem Zeitpunkt die Leitungsfunktion ihrem Nachfolger.

Auf Nachfrage der Volksstimme erklärt Lothar Finzelberg, warum in seinen Augen eine schnelle Bearbeitung der Anträge damals wichtig für den Landkreis ist. Für das Jerichower Land sei die Sporkenbach Ziegelei zu diesem Zeitpunkt ein wirtschaftlich sehr bedeutender Betrieb gewesen.