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Finzelberg-Prozess Welche Nähe bestand zum Kronzeugen?

Als ins Hotelprojekt Hüttermühle kein Fördergeld mehr von der Investitionsbank fließt, zeigt Ex-Landrat Finzelberg enorm hohen Einsatz.

Von Franziska Ellrich 04.08.2016, 07:00

Magdeburg/Hüttermühle l Wie nah standen sich der ehemalige Landrat und der Kronzeuge Uwe S. wirklich? Dieser Frage wollte der Vorsitzende Richter Gerhard Köneke im Prozess gegen Lothar Finzelberg jetzt offensichtlich nachgehen. Diese Woche war der 30. Verhandlungstag für Finzelberg, der wegen Bestechlichkeit auf der Anklagebank sitzt. Er soll von den damaligen Tongruben-Betreibern mehrere hundertausend Euro für seinen Einfluss auf Genehmigungsverfahren kassiert haben. Tonnenweise geschredderter und umweltschädlicher Hausmüll ist in den Gruben bei Möckern und Vehlitz gelandet.

Das Geld soll vor allem über den Kronzeugen Uwe S. zu Finzelberg gelangt sein - der Zeuge spricht bei seinen Vernehmungen von Geldübergaben im Auto und auf dem Hochsitz, einem überteuerten Grundstücksverkauf und Nachlässen bei Autoverkäufen. Finzelberg streitet die Vorwürfe ab. Doch wie sehr nahm Finzelberg als Landrat Einfluss? Der Richter zitiert im Prozess Gesprächsnotizen von Mitarbeitern der Investitionsbank. Danach engagiert sich Lothar Finzelberg sehr für das private Projekt einer neuen Ferienanlage in Hüttermühle.

Hintergrund: Für den Ausbau der Ferienanlage sollen laut der Genthiner Investoren – Uwe S. und Ehefrau – 2,4 Millionen Euro investiert werden. Anträge auf Fördermittel des Landes in Höhe von 1,2 Millionen Euro werden gestellt - und bewilligt. Der Ausbau beginnt im Jahr 2003. Als Anfang 2005 die Fördergelder von der Investitionsbank nicht mehr fließen, hakt Uwe S. nach. Und nicht nur er. Auch vom Landrat gibt es damals wiederholt Anrufe bei der Bank. Er bekommt sogar eine Vollmacht von Uwe S. Ehefrau ausgestellt. Das beweisen die Akten.

Schnell ist klar: Die Bank zahlt nicht mehr, weil die Staatsanwaltschaft bereits wegen Subventionsbetrug ermittelt. Finzelberg bittet bei der Bank wiederholt um Rückruf, betont seine Mitgliedschaft im Beirat der Investitionsbank und will Einzelheiten zum Ermittlungsstand erfahren. Der Ex-Landrat soll sogar gesagt haben: „Es besteht nicht mal ein Anfangsverdacht.“ Sieben Jahre später sieht das Urteil am Stendaler Landgericht allerdings anders aus: Durch ein kompliziertes Konstrukt aus Firmen, Scheingeschäften und fingierten Rechnungen sollen sich unter anderem Uwe S. und seine Ehefrau hunderttausende Euro an Subventionen vom Land für das Ferienhotel erschlichen haben. Uwe S. saß unter anderem deswegen im Gefängnis.

Auch für ein weiteres Projekt des Kronzeugen habe sich Finzelberg auffällig stark gemacht. Das ging jetzt aus dem Beweisantrag der Oberstaatsanwältin Verena Borstel hervor. Es sollen Emails im Prozess berücksichtigt werden, die belegen, dass Finzelberg „persönlich tätig wurde“ – auch im Projekt ‚Saunaclub‘ an der Autobahnabfahrt Theeßen. Dort sollten den Plänen von Uwe S. und seinem damaligen Geschäftspartner zufolge Saunen und Räumlichkeiten für den sexuellen Kontakt mit Prostituierten entstehen. Es habe bereits Vor-Ort-Termine und ausführliche Gespräche mit dem damaligen Landrat zur baurechtlichen Genehmigungslage gegeben.