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JVA Burg Vier Suizide seit 2009

Ein 52-jähriger Insasse der Justizvollzugsanstalt Burg (JVA) ist am Sonntag tot in seiner Zelle aufgefunden worden.

Von Tobias Dachenhausen 20.01.2017, 00:01

Burg l Ein Justizvollzugsbeamter konnte am Sonntag einen Abschiedsbrief finden, in dem der 52-Jährige seinen Suizid ankündigte. Er verbüßte seit 2003 eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. Todesursache war laut Justizministerium vermutlich eine Überdosis Insulin. Dafür würden unter dem Schrank aufgefundene Insulin-Pens sprechen. Der Verstorbene war Diabetiker. Es ist seit 2009 der vierte Suizid im Burger Gefängnis. Die Selbsttötung eines Menschen sei immer bestürzend, so Pressesprecher Detlef Thiel. „Suizide können nur verhindert werden, wenn es zuvor Anhaltspunkte hierfür gibt. Dies war jedoch aktuell nicht der Fall“, betont Thiel.

Der Gefangene war Diabetiker und hat sich nach einer entsprechenden Diabetikerschulung, das Insulin selbst gespritzt, wie alle anderen insulinpflichtigen Diabetiker in der JVA auch. „Nach dem Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalts ist die Selbstständigkeit im Vollzugsalltag soweit wie möglich zu erhalten und zu fördern“, begründet der Pressesprecher die Maßnahme. Damit das auch gewährleistet ist, erhielt der 52-Jährige stets eine Wochendosis Insulin sowie alle weiteren notwendigen Instrumente auf den Haftraum, um den Blutzucker selbstständig messen und regulieren zu können. „Es ist zwingend erforderlich, dass Diabetiker stets Insulin verfügbar haben, um Schwankungen im Blutzuckerspiegel jederzeit ausgleichen zu können“, betont Thiel. Zudem habe ihm das medizinische Personal jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung gestanden. „Anhaltspunkte, dass er die ausgereichten Medikamente für einen Suizid missbrauchen könnte, bestanden nicht“, formuliert es der Justizministeriumssprecher.

Nach so einem Vorfall werden die Vorkommnisse mit den Justizvollzugsbeamten ausgewertet, um gegebenenfalls Abläufe zu verändern, um zukünftig noch besser in Fragen der Suizidprävention agieren zu können. „Allein die Verstärkung des Personals oder mehr ‚Rundgänge‘ können unangekündigte Suizide nicht verhindern“, macht Thiel deutlich.

Eine durchgängige Überwachung der Gefangenen wäre verfassungswidrig. Und eine Beobachtung, auch mit technischen Hilfsmitteln, wäre eine besondere Sicherungsmaßnahme, die nur bei besonderen Gefahren zur Anwendung kommen dürfe. Thiel: „Eine solche Gefahr war im vorliegenden Fall jedoch nicht erkennbar.“

Nichtsdestrotrotz werden die Gefangenen und ihre Hafträume turnusmäßig oder auch bei Vorlage eines konkreten Verdachts durchsucht. „Nur bei Gefahr in Verzug oder auf Anordnung des Anstaltsleiters im Einzelfall ist es es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen“, erklärt der Pressesprecher des Justizministeriums. Zudem würden Besuche davon abhängig gemacht, dass der Besucher sich und seine mitgeführten Sachen mit Hilfsmitteln absuchen oder durchsuchen lasse.

In der Burger JVA spielt bei 610 Insassen die Suizidprophylaxe in der täglichen Arbeit eine Rolle. Dafür stehen Psychologen zur Verfügung. „Darüber hinaus ist das Vollzugspersonal sensibilisiert, auf Stimmungsschwankungen und ähnliche Aufälligkeiten zu achten“, erklärt Detlef Thiel. Bestünden Hinweise, dass ein Gefangener selbstmordgefährdet sein könnte, würde eine engmaschige Betreuung durch den Psychologischen Dienst erfolgen und gegebenenfalls die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen.

Nach dem Suizid vom Sonntag erfolgte auch eine psychologische Betreuung der Mitgefangenen, „da die Gefangenen der Wohngruppe ein enges Verhältnis zum Verstorbenen hatten und von seinem unerwarteten Ableben sehr betroffen waren“, sagt der Pressesprecher des Justizministeriums.