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Kindertagesstätten Eine Erzieherin kümmert sich um zwölf Kinder

Die Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt gestaltet sich schwierig. Fachleute kritisieren das Landesgesetz.

Von Falk Heidel 10.05.2017, 06:00

Genthin/Burg l Eltern und Kommunen klagen gegen das Kifög, das sich ausgesprochen Kinderförderungsgesetz nennt. Bundesweit gibt es riesige Unterschiede in der Qualität der Betreuung. Die Volksstimme hat die wichtigsten Zahlen zusammengetragen.

55 Euro zahlen Eltern in Bremen für die siebenstündige Betreuung ihres Kindes. In Gommern kostet die gleiche Leistung 165 Euro. Dasselbe kostet in Hamburg monatlich zwölf Euro und ist in Düsseldorf kostenfrei. Große Unterschiede gibt es bei den Gebühren im Jerichower Land. Ein Beispiel: Wer sein Kind täglich zehn Stunden in den Kindergarten schickt, zahlt in Gommern 200 Euro – in Jerichow lediglich 140 Euro. Zum Vergleich: Kindergeld für ein Kind erhalten Familien aktuell bundesweit 192 Euro.

12 Kindergartenkinder betreut eine Erzieherin unseres Bundeslandes in Vollzeit. Diese Zahlen regelt ein ziemlich komplizierter Betreuungsschlüssel, den die Kindertagesstätten einhalten müssen. Laut Zahlen einer Studie der Bertelsmann-Stiftung kümmert sich eine Erzieherin in Baden-Württemberg leglich um 7,3 Kindergartenkinder. Auf sechs Krippenkinder kommt in Sachsen-Anhalt eine Erzieherin. Vom Idealfall sind diese Werte noch weit entfernt. Gewerkschaften, Fachleute und die Bertelsmann-Stiftung empfehlen, dass sich eine Erzieherin um höchstens drei Krippen- oder 7,5 Kindergartenkinder kümmern sollte.

78 Kindertagesstätten gibt es derzeit im Jerichower Land. Voraussichtlich im nächsten Jahr kommt eine weitere Einrichtung in Burg hinzu. Zu diesen Einrichtungen zählen Kindergärten, Krippen und Horte.

2600 Kindergartenkinder (drei bis sechs Jahre) werden in den Einrichtungen des Jerichower Landes betreut. An Kindergartenplätzen meldet der Landkreis 2700. Also gute Aussichten für Eltern. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass laut DRK-Geschäftsführer Frank-Michael Ruth viele Einrichtungen ihre Kapazitäten mit Sondergenehmigungen hochgefahren haben. Auf 1450 Krippenplätze kommen 1300 Kinder. Und: 2200 Hortkindern stehen 2300 entsprechende Plätze gegenüber.

784 Erzieher (Hilfs und Fachkräfte) arbeiten in den 78 Kindertagesstätten des Landkreises. Sie betreuen insgesamt 6100 Kinder (Krippe, Kindergarten und Hort).

1100 Euro Kosten im Monat verursacht ein Krippenplatz für ein Kind bis drei Jahre mit zehnstündiger Betreuung. Bezahlt wird dieser Platz mit 210 Euro vom Land und 230 Euro vom Landkreis. Die verbleibenden 660 Euro (wird in Fachkreisen häufig als Defizit bezeichnet) müssten sich eigentlich die Gemeinde und die Eltern teilen. Laut Kinderförderungsgesetz darf der Anteil der Eltern nicht höher liegen als der der Gemeinde. Die tatsächlichen Elterngebühren liegen aber weit darunter.

164 Euro kostet den Eltern in Möckern eine achtstündige Betreuung ihres Kindes sowohl in der Krippe als auch im Kindergarten. Obwohl beide Betreuungsformen unterschiedliche Kosten verursachen. Gegen diese sogenannte Mischkalkulation der Gemeinde haben Elternvertreter Klage eingereicht. Nach dem gleichen Prinzip handeln auch die Gemeinden Biederitz, Möser und Gommern. Allerdings: In Biederitz ist die genannte Acht-Stunden-Betreuung mit 128 Euro monatlich deutlich günstiger.

Eine weitere Klage (Bundesverfassungsgericht) soll die Frage beantworten: Wer ist für die Kinderbetreuung im Land verantwortlich – die Kommunen oder die Landkreise? Die Landesregierung hatte 2013 die Verantwortung auf die Landkreise übertragen. Acht Kommunen hatten gegen das Land geklagt, unter anderem Gommern und Möckern. In Sachsen-Anhalt werden 142 000 Kinder in rund 1 770 Tageseinrichtungen betreut. 57 Prozent aller Kinder unter drei Jahren besuchen laut Statistischem Landesamt die Krippe. Bei den drei- bis sechsjährigen Kindergartenkindern sind es 94 Prozent. Jedes Kind hat von Geburt an einen Rechtsanspruch auf einen Ganztags-Betreuungsplatz bis zu zehn Stunden täglich.