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Lehrermangel Freie Schulen unter Druck

Die freien Schulen in Burg fürchten den Kampf mit den staatlichen Schulen um die wenigen Lehrer zu verlieren.

Von Petra Waschescio 12.05.2017, 04:00

Burg l Heike Engelke ist noch entspannt. Der evangelischen Grundschule in Burg geht es verhältnismäßig gut. Voraussichtlich 2019 zieht sie in ein neues Schulgebäude. Und noch ist das Kollegium vollständig. „Unsere Stellen sind besetzt. Wir haben wenig Ausfallstunden. Ich könnte keine neuen Lehrer einstellen“, sagt Engelke. Aber sie weiß, dass dies ein glücklicher Umstand ist und andere Einrichtungen den akuten Lehrermangel im Land Sachsen Anhalt und die Konkurrenz zwischen staatlichen und privaten Schulen schon zu spüren bekommen. „Das Land hat den Vorteil, verbeamten zu können. Für junge Lehrer ist das schon attraktiv. Die Stiftungen müssen aufpassen, dass sie attraktiv bleiben“, sagt die Schulleiterin.

Erst vor ein paar Tagen hatte deshalb der Landesverband der freien Schulen angesichts der Lehrerknappheit laut vor einem massiven Konkurrenzkampf zwischen staatlichen und freien Schulen gewarnt. „Gerade Schulen auf dem Land sind bedroht“, sagte Verbandsgeschäftsführer Jürgen Banse. Anlass für die Sorge sind für ihn Forderungen nach der Neueinstellung von zusätzlichen Lehrern in den öffentlichen Schulen. Diese locken mit Verbeamtung und teils besserer Bezahlung. Eine am Dienstag voriger Woche gestartete Volksinitiative etwa fordert zusätzlich 1000 Lehrer. „Die Lehrer sind nicht vorhanden“, sagte Banse. Er fürchtet: Sie werden aus den Privatschulen abgeworben.

Michael Bartsch ist Vorsitzender der Johannesschulstiftung, zu der auch die evangelische Grundschule in Burg gehört. Das Konkurrenzproblem sei nicht neu, sagt er. Dennoch gewinne es im Moment an Schärfe. „Die Lehrernot im Land ist so groß, dass die freien Schulen nicht im Fokus stehen.“ Dass der Landesverband der freien Schulen vor ein paar Tagen Alarm geschlagen hat, ist für ihn deshalb nur konsequent.

Es fehlt vor allem an Lehrern in den naturwissenschaftlichen Fächern Mathe, Physik, Chemie und Biologie. Im Ringen um die Lehrkräfte sieht Bartsch wie Heike Engelke das Land im Vorteil. „Die freien Schulen kommen gegen die vermeintliche Sicherheit der Verbeamtung nicht an“, sagt Bartsch. Zu lösen sei das Problem nur gemeinsam und in einer sachlichen Debatte. „Wir müssen gemeinsam Wege finden, um für alle eine vernünftige Unterrichtsversorgung zu erreichen.“

Was Bartsch hofft, ist zweierlei. Zum einen geht er davon aus, dass der Lehrermangel nur dadurch behoben werden kann, wenn die Einstellungsregelungen gelockert werden. Konkret heißt das für ihn: unter anderem Seiteneinsteigern den Weg in die Schulen zu erleichtern und sie berufsbegleitend fortzubilden. Das Land Sachsen sei da ein Stück weiter, so Bartsch, der an dem Punkt aber mit Widerstand vor allem aus den Reihen der Gewerkschaft rechnet.

Zum anderen geht es um Geld. Neben dem Lockmittel Verbeamtung kritisieret Bartsch, dass die Versorgung der freien Schulen mit Zusatzstunden vollkommen intransparent bleibe. „Das Land unterscheide bei der Berechnung der Schülerkostensätze zu Ungunsten der freien Schulen. Insbesondere betrifft das die Mittel für Zusatzversorgung: die Dienstaltersstruktur bei der Berechnung Lehrerentgelte, Arbeitsgemeinschaften oder Angebote, die neben den Unterrichtsfächern das Profil einer Schule stärken und über deren Attraktivität mitbestimmen“, sagt Bartsch.

Auf einen einfachen Nenner gebracht heißt das: Für die freien Schulen ist es durch die unterschiedliche Geldverteilung schwerer, attraktive Zusatzangeboten wie Arbeitsgemeinschaften zu stemmen. Und - das ist entscheidend: Auch die Gehälter der Lehrer liegen dadurch häufig unter denen der staatlichen Schulen.

Setze sich diese Praxis fort, fürchtet Bartsch um den Bestand der freien Schulen. „Ich persönlich sehe die Gefahr, dass im Wettbewerb mit den staatlichen Schulen einige die Segel werden streichen müssen.“

Für Bartsch gibt es da nur einen Ausweg. „ Wir fordern deshalb die Gleichstellung mit staatlichen Schulen. Alle Player müssen an einem Strang ziehen. Und wir gehören dazu, denn wir sind Teil des Schulsystems. So sehen es die Verfassung des Landes und das Schulgesetz vor.“