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Lehrerstreik Leere Schulhöfe im Jerichower Land

Für viele Lehrer im Jerichower Land war es ein Kampftag für bessere Bedingungen und mehr Gehalt, für viele Schüler ein schulfreier Tag.

Von Falk Heidel 15.02.2017, 00:01

Burg/Genthin/Magdeburg l Die großen Plattenbauten werfen am Vormittag ihre Schatten auf den großen Schulhof der Clausewitz-Sekundarschule an der Wilhelm-Külz-Straße. Kein Fahrrad steckt in den metallenen Ständern hinterm Zaun. Die Elterninformationen hatten ihre Wirkung nicht verfehlt: Es ist Warnstreik! „Nur fünf Schüler sind zum Unterricht erschienen“, sagte Schulleiter Frank Höpfner. Allerdings befanden sich nicht alle seine Kollegen im Streikmodus. Einige sind verbeamtet, die dürfen nicht. Andere wollen nicht. Höpfner: „Diese Kollegen haben den Vormittag genutzt, um Arbeiten zu erledigen für die ansonsten wenig Zeit ist.“

Ein ganz anderes Bild gab es an der Berufsschule. Zwar gab es auch hier einige Stundenausfälle, „aber mehr aus Krankheitsgründen als wegen des Streiks“, sagte Schulleiter Stefan Bruns auf Volksstimme-Nachfrage. Von seinen 85 Kollegen waren sechs zur Streik-Kundgebung nach Magdeburg gefahren. Bruns: „Wir waren auf diesen Tag vorbereitet. Wo sich Engpässe ergeben hatten, haben wir die Schüler rechtzeitig in ihre Betriebe zur praktischen Ausbildung geschickt.“

Die große Kundgebung in Magdeburg umfasst einen Warnstreik im öffentlichen Dienst. Die Lehrer beziehungsweise die Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gehört ebenso dazu wie die Gewerkschaft der Polizei oder Verdi. „Es wird wohl nicht bei dieser einen Aktion bleiben“, vermutet Swen Butze, „die Arbeitgeber haben bisher noch kein Angebot vorgelegt.“ Butze ist Lehrer an der Sekundarschule in Brettin. Wie an 900 anderen Schulen in Sachsen-Anhalt ist der Unterricht in Brettin ausgefallen. „Eine Betreuung für die Schüler war abgesichert.“ Gleiches gilt für die Genthiner Grundschule „Stadtmitte“, wo Ingo Doßmann der Schulleiter ist. Doch am Streiktag kümmert er sich um Trillerpfeifen, Transparente und Termine – Doßmann ist auch Kreisvorsitzender der GEW. Für seine streikenden Kollegen hatte er drei Busse zur Kundgebung nach Magdeburg organisiert: „Fast 200 Kollegen aus unserem Landkreis haben sich dem Warnstreik angeschlossen“, sagte er kurz vor der Abfahrt am Burger Bahnhof zur Volksstimme. Auch Torsten Pisch von der Genthiner Sekundarschule „Am Baumschulenweg“ sitzt in einem der Busse: „Auch bei uns ist eine Betreuung der Schüler abgesichert.“

Zur zentralen Streikkundgebung auf dem Alten Markt in Magdeburg waren mehr als 1000 Gewerkschafter gekommen. Sie fordern für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sechs Prozent mehr Geld. Auszubildende sollen 90 Euro mehr im Monat und mehr Urlaub bekommen. Die GEW will vor allem die Bezahlung von pädagogischen Mitarbeitern verbessern und fordert für erfahrene Lehrer eine weitere Besoldungsstufe. Diese sechste Stufe erhalten bisher nur Lehrer mit Beamtenstatus. Donnerstag und Freitag werden die Tarifverhandlungen in dritter Runde fortgesetzt.

„Die Lehrerversorgung ist neben dem Mangel an Polizeikräften das mit Abstand größte aktuelle Problem in Sachsen-Anhalt“, meint Landrat Steffen Burchhardt. Die Belastung des Lehrpersonals steige stetig und der Mangel an Lehrkräften spitze sich immer weiter zu: „Man sollte aufpassen, dass unsere Lehrer nicht verheizt werden, deshalb muss man Verständnis für die Lehrerstreiks aufbringen.“ Diese sind Burchhardt zufolge notwendig, um auf die Missstände aufmerksam zu machen: „Ich hoffe, dass im Land die Brisanz von steigenden Fehlstunden an den Schulen und krankheitsbedingten Ausfällen erkannt wird und wir die richtigen Schlüsse daraus ziehen.“

Uneinig war sich die GEW intern über die Vorab-Informationen zum Warnstreik am Dienstag. Zunächst sollte der Termin so lange wie möglich geheim gehalten werden, um einen Überraschungseffekt zu erzielen. Doch Ende vergangener Woche hat der Landesvorstand seine Taktik geändert und den Termin vorzeitig bekanntgegeben. Ingo Doßmann: „Das ist unglücklich gelaufen. Es wäre vernünftiger gewesen, von Anfang an auf zeitige öffentliche Information zu setzen. Dann hätten sich auch die Eltern besser auf den Termin einstellen können.“

Einen Kontrast zum Protest gab es Dienstag in Möckern. Laut einer Information aus der Kreisverwaltung ist an der dortigen Gemeinschaftsschule kein Unterricht ausgefallen.