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Ernte Hoffen auf gute Getreideernte

Müller Gerald Hüttner aus Gütter hofft auf eine gute Ernte trotz des Dauerregens.

Von Thomas Skiba 26.07.2017, 23:01

Burg/Gütter l „Auch ich schaue jeden Tag mehrmals zum Himmel“, gesteht Gerald Hüttner. Nicht nur die Bauern warten auf eine längere Trockenperiode - auch die Müller hoffen auf Sonne. Der mit dem Regenwasser vollgesogene Boden lässt sich mit Traktoren und Mähdreschern kaum noch mancherorts befahren. „Hinzu kommt, dass das nasse Korn erst noch aufwendig getrocknet werden müsste: Erst dann kann es in Silos gelagert oder zu Mehl gemahlen werden“, sagt Hüttner.

Doch der Fachmann sieht noch ein anderes Problem auf die Zunft der Müller zukommen: „Durch die Trockenheit im Frühjahr wuchs das Korn zum entscheidenden Zeitpunkt nicht genug, deshalb gibt es dieses Jahr viel Kleinkorn.“ Etwa zehn bis zwölf Prozent des eingefahrenen Roggens wird das so genannte Kleinkorn ausmachen, das für die Mehlerzeugung nicht zu gebrauchen ist. Hüttner verarbeitet diese missratenen Anteile der Ernte zu Schrot und Kleie, also zu Viehfutter. Dagegen waren 2016 die Frühjahrsmonate nass und der Sommer trocken: ideal für den Getreideanbau, denkt man. „Da mussten wir uns einem anderen Ereignis stellen: Das Getreide war mit Mutterkorn durchsetzt“, erklärt Hüttner. Mutterkorn ist ein Pilz, der hauptsächlich Roggen und Weizen befällt. Ist die Witterung zu feucht, wenn das Getreide blüht, können die Pollen die Roggen- oder Weizenblüten nicht erreichen. Dann setzen sich die Mutterkorn-Sporen in die noch offenen Getreideblüten und besetzen diese. Daraus wächst dann ein dunkelviolettes Korn, und das kann bis zu sechs Zentimeter lang werden. Diese kornähnliche Form produziert Toxine - die sind giftig für Mensch und Tier.

Hüttner blickt zurück: In früheren Zeiten kam es öfter zu Massenvergiftungen, wenn das Mutterkorn mit dem gesunden Getreide vermahlen wurde. Bis die medizinische Forschung im 18. Jahrhundert hinter die Giftigkeit des Mutterkornpilzes kam. Von da an setzten die Müller verschiedene Sieb- und Filterverfahren ein, um das befallende Korn aus dem Nahrungs- und Futtergetreide zu entfernen. „Wir beseitigen das Mutterkorn mit Tischauslesern und Sieben, mittlerweile werden auch Farbsortierer eingesetzt, die das dunkle Korn erkennen und exakt aussortieren.“

Das Mutterkorn wird in eigenen Behältern gesammelt und pharmazeutischen Zwecken zugeführt, die Inhaltsstoffe werden medizinisch unter anderem gegen zu niedrigen Blutdruck oder Migräne, verwendet. „Aber bei aller Technisierung - wir sind immer noch in den Händen der Natur“, gibt Gerald Hüttner zu bedenken. „Ich drücke unseren Bauern die Daumen, dass sie die Ernte vernünftig einbringen können.“

Hüttner betreibt die Mühle allein mit seiner Frau. Er fährt das Getreide ein, mahlt und verpackt es und fährt es selber aus. Neben der klassischen Mehlproduktion siebt er auch noch eine halbe Tonne Kleie pro Tag.

Er gehört damit zu den sehr kleinen Betrieben im Land, aber auch zu einem sehr traditionellen. Seit 1902 arbeitet die Familie Zänker als Müller in Gütter, 1992 übernahm Schwiegersohn Hüttner den Betrieb. Die Zänker-Mühle war bis 1932 eine klassische Wassermühle - mit Mühlenteich und Wasserrad. „Eine klappernde Mühle am rauschenden Bach - das ist schon lange vorbei“, sagt Hüttner.

Seit 1992 wird auch der klassische Mühlstein nicht mehr genutzt. Eine Motormühle verrichtet das Werk, es wird kräftig geschüttelt, gesiebt und zermalmt. Dazu wird das Mehl pneumatisch, also per Luftdruck, befördert. Der Stein schmückt nun den Hof, auf dem Hüttners auch einen kleinen Laden mit Bioprodukten aus der Region betreiben. Auch wenn der Weg vom Korn zum Mehl zu großen Teilen automatisiert ist, gibt es immer etwas zu tun. In Erwartung der neuen Ernte müssen die Leitungen gespült und kleinere Reparaturen erledigt werden. „Ich bin vorbereitet“, so Hüttner. „Jetzt brauchen wir nur noch richtigen Ernte-Sommer.“