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Prozess Mit Biodiesel Millionen erbeutet

Im Biodiesel-Prozess am Magdeburger Landgericht müssen sich Beteiligte der Burger Firma AS Gold wegen Steuerhinterziehung verantworten.

Von Tobias Dachenhausen 10.01.2017, 05:00

Magdeburg/Burg l Lieferscheine stempeln, Wareneingang, Rechnungen schreiben – so beschreibt Marion K. ihre Aufgaben bei der damaligen Burger Firma AS Gold GmbH. Als kaufmännische Angestellte hat sie im Juli 2010 ihre Tätigkeit begonnen. Vermittelt vom Arbeitsamt. Insgesamt seien nach ihrer Zeugenaussage knapp 20 Mitarbeiter in der mittlerweile insolventen Firma beschäftigt gewesen. Eingestellt wurde sie von der Hauptangeklagten Geschäftsführerin Johanna S.

Fünf Polen müssen sich seit Anfang des Jahres wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor dem Landgericht Magdeburg verantworten. Zwischen Juli 2010 und Juni 2011 werden ihnen insgesamt 566 Straftaten zur Last gelegt. Sie sollen laut Anklage im Burger Gewerbegebiet einerseits statt steuerbefreiten Biodiesel Millionen Liter eines Ölgemisches hergestellt haben, der als Kraftstoff diente. Andererseits statt Schmieröl für Industrieanlagen ebenfalls Dieselkraftstoff produziert haben, ohne dafür Steuern zu zahlen. Bei einer Verurteilung drohen den Beschuldigten, die zwischen 31 und 42 Jahre alt sind, zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft.

Einen konkreten Überblick über den Geldfluss in der Firma hatte Marion K. allerdings nicht. „Viel lief über Überweisungen, Verrechnungen und später dann auch Bargeld“, sagt sie. Einmal habe sie selbst eine Bargeldzahlung zur Bank gebracht. Kundenkontakt und auch Kontakt zu den anderen Mitarbeitern hatte sie nach eigenen Angaben sehr wenig. „Es wurde viel englisch und polnisch gesprochen“, begründet sie.

Dreimal wurde die Zeugin im Zuge der Ermittlungen von der Zollfahndung vernommen. Mit ihren dortigen Aussagen konfrontiert sie der Staatsanwalt in seiner Befragung. Konkrete Erinnerungen an die Vernehmungen habe sie heute allerdings nicht mehr, macht sie im Zeugenstand deutlich. Der Staatsanwalt will aber noch mehr Details wissen. Aus Sicht der Verteidigung geht er damit einen Schritt zu weit. „Diese Art der Befragung ist eine Frechheit“, sagt ein Rechtsanwalt. „Wenn sie keine Erinnerung mehr hat, kann sie auch nichts Genaueres zum Sachverhalt sagen“, betont er. Nach einer kurzen Unterbrechung geht die Verhandlung weiter. Weitere Informationen bleiben allerdings aus.

Marion K. wurde bereits einmal als Zeugin gehört. Eine prozessuale Maßnahme machte es notwendig, dass sie erneut in den Zeugenstand treten musste. Da die Angeklagten aus Polen kommen und kaum deutsch sprechen, helfen mehrere Dolmetscher aus, die das von Zeugen, vom Gericht, vom Staatsanwalt oder von den anderen Rechtsanwälten Gesagte simultan in die deutsche Sprache übersetzen. Um das zu dürfen, bedarf es einer allgemeinen Vereidigung. „Dabei handelt es sich um einen formalen Akt“, wie Gerichtssprecher Christian Löffler damals erklärte.

Und genau hier ist dem Vorsitzenden Richter Gerhard Köneke in einer früheren Verhandlung ein Fehler passiert, so dass Teile der Hauptverhandlung wiederholt werden mussten. „Bei einem Termin ist eine Dolmetscherin ausgefallen. Beim Ersatz fehlte diese amtliche Vereidigung und es wurde nicht nachgefragt“, erklärte der Gerichtssprecher. Als Folge mussten nun einzelne Aspekte der Verhandlung wiederholt werden.

Nicht das einzige Problem, mit dem sich das Gericht während des mittlerweile ein Jahr andauernden Prozesses befassen musste. Ende 2016 wurde gegen das Gericht ein Befangenheitsantrag gestellt. Anlass war der Beschluss der Kammer einen Beweisermittlungsantrag der Verteidiger abzulehnen. Darin ging es darum, Verfahrensakten aus einem ähnlich gelagerten Prozess in diesen einzuführen und dafür die Hauptverhandlung auszusetzen beziehungsweise zu unterbrechen.

Die Kammer sah in diesem Fall die Aufklärungspflicht des Gerichts als nicht geboten an. Köneke: „Es gibt in dem Verfahren keine Identität der Person, der Unternehmen oder des Tatzeitraums, darum handelt es sich nicht um ein Parallelverfahren“, begründete der Vorsitzende Richter. Neue Erkenntnisse aus einer Aussage eines Zeugen, der bereits in diesem Verfahren geladen war, seien nicht möglich, da er seine Aussage verweigert habe, so das Gericht. Der Befangenheitsantrag wurde von einer anderen Kammer als unbegründet abgewiesen.

Das Ende des Prozesses ist noch lange nicht in Sicht. Termine gibt es bereits bis Ende 2017. Ein Experte und weitere Zeugen werden bei den Fortsetzungen am 13. und 20. Januar gehört.