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Prügelattacke Ex-"Ostelbier" zu Geldstrafe verurteilt

Ein 28-jähriger Angeklagter muss 3000 Euro Geldstrafe zahlen, weil er in Loburg einem Fußballer mehrfach ins Gesicht schlug.

Von Bernd Kaufholz 18.08.2016, 05:00

Burg l Die Glatze ist überwachsen, das schwarze T-Shirt mit der Aufschrift „Ostelbien Dornburg“ findet (wahrscheinlich) keine Verwendung mehr und das künftige Leben des 28 Jahre alten Angeklagten könnte nun in geordneten Bahnen verlaufen. Zumindest hat Strafrichterin Sigrid Konrad am Mittwoch ihren Teil dazu beigetragen, dass Frank K.* die Chance hat, sich künftig um Beruf, seine Partnerin und ab April des nächsten Jahres um seinen erwarteten Nachwuchs zu kümmern. Sie verurteilte den Neu-Berliner nicht wie vom Stendaler Staatsanwalt gefordert zu einer zehnmonatigen Haftstrafe - ausgesetzt zur Bewährung - sondern zu einer Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro.

Am 13. Juni 2015 hielten der Angeklagte und weitere Mitglieder des Fußballvereins „FC Ostelbien Dornburg“ nach einem Spiel ihres Vereins auf dem Marktplatz in Loburg, um Döner zu essen. Zur Erinnerung: „Ostelbien“ war ein umstrittener Verein, der vier Monate später den Landessportbund Sachsen-Anhalts verließ. Zwar hatten die Dornburger Widerspruch gegen die Entscheidung des Sportbundes eingelegt, diesen jedoch im November 2015 zurückgezogen. Hintergrund des Ausschlusses waren rechtsextremistische Tendenzen innerhalb des Vereins.

Zurück zum Fall: Auf dem Marktplatz hatten einige junge Männer Fußball gespielt. Dabei ging eine Flasche klirrend zu Bruch. Das ärgerte den Angeklagten wohl dermaßen, dass er auf die Gruppe zuging und nach einem kurzen Wortwechsel einem heute 24-Jährigen schubste, ihm gegen die Beine trat und dem am Boden Liegenden mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzte. Das Ergebnis: Nasenbeinbruch.

Frank K.* räumte am Mittwoch auf Nachfrage des Gerichts ein, nach seinem Umzug eine Heimat bei den „Ostelbiern“ gefunden zu haben und zuvor auch Mitglied von B.W.S.E. (Blue White Street Elite), einer rechtsextremistischen Schlägertruppe gewesen zu sein, die ihre Gewalt besonders gern auf Fußballplätzen ausgelebt hat. Staatsanwalt und Richterin mussten den 28-Jährigen, der sich selbst verteidigte, allerdings zu Beginn des Prozesses zum Jagen tragen. Die Erinnerungslücken schienen kaum ausfüllbar. Das änderte sich hingegen, als der Staatsanwalt das „Herumgeeiere“ rügte und ihm ins Gewissen redete: „Sie können hier Punkte sammeln, wenn sie sich ein bisschen mehr Mühe geben. Denn nach der Papierform sieht es für sie nicht gut aus.“

Und nach wiederholtem Bohren der Richterin und dem Anstoß, dass in einem weiteren Verfahren „Landfriedensbruch“ wie ein Damoklesschwert über ihm hängt sowie der Frage, ober er in jungen Jahren bereits an Alzheimer leide, wurde die Erinnerung an das Tatgeschehen vor einem Jahr klarer. Als der Staatsanwalt erneut wie auf ein totes Pferd auf den Angeklagten einredete: „Es verdunkeln sich schwarze Wolken über ihnen“, entschloss sich der Ex-“Ostelbier“ zu einem: „Ja, ich war‘s.“

Daraufhin konnten fünf Zeugen nach Hause geschickt und die Hauptverhandlung somit verkürzt werden. Allerdings waren die Aussagen der meisten zuvor gehörten Zeugen, dermaßen belastend, dass Frank K.* letztlich wohl auch nur die Flucht nach vorn blieb. So hatte ein 17-Jähriger, der auf dem Markt gekickt hatte, die Szene mit den Schlägen und Tritten eindeutig beschrieben. Und auch eine 62 Jahre alte Frau, die das Geschehen aus ihrem Fenster beobachtet und daraufhin den Schläger angeschrien hatte, er möge sein Tun unterlassen, konnte sich zweifelsfrei an den Täter erinnern.

Weniger hingegen, trug das Opfer zur Aufklärung der Sache bei. Auch er hatte einige Gedächtnislücken, die die Richterin zu der Frage veranlassten, ob Alzheimer ansteckend sei. Den Staatsanwalt interessierte, ob der Zeuge womöglich durch die Gruppierung („Ostelbier“, B.W.S.E.) eingeschüchtert worden sei („Sie wirken heute irgendwie gehemmt“). Doch das ließ der 24-Jähriger offen.

Das Gericht verurteilte den Vorbestraften zur am Beginn des Berichts erwähnten Geldstrafe - ersatzweise zu 100 Tagen Haft. Richterin Konrad: „Ich hoffe, sie haben begriffen, dass es so nicht weitergehen kann. Beim nächsten Mal steht eine Freiheitsstrafe im Raum.“

(* Name geändert)