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Radreise Ein Mann, ein Rad und viele Berge

Von Offenburg bis Nizza ist Olaf Klebe aus Scharteucke mit dem Fahrrad gefahren - allein. Um den Kopf frei zu kriegen.

Von Tobias Dachenhausen 28.01.2017, 10:00

Scharteucke/Nizza l 40 Kilometer vor seinem Zielort Nizza an der französischen Cote d‘Azur fährt Olaf Klebe einen letzten kleinen Berg hinunter. Die Sonne strahlt ihm ins Gesicht, das Meer ist in Sichtweite. Und doch hat er das Gefühl, sich verabschieden zu müssen. Von den Bergen, aus denen er kommt. Hunderte Höhenmeter und über 1270 Kilometer mit dem Rad auf der Straße liegen hinter ihm.

Im September 2015 hat er sich in das sportliche Abenteuer gestürzt. Vor kurzem hat er seine Eindrücke im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Radreise-Impressionen“ des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs geschildert. Eindrücke, die der 46-Jährige so schnell nicht vergessen wird. Von Genthin ist er mit dem Zug nach Offenburg gefahren. Von da an ging es nur noch mit dem Fahrrad durch die Natur Richtung Süden. „Ich bin Schreibtischtäter, darum brauche ich den Ausgleich, um den Kopf frei zu bekommen“, erklärt Olaf Klebe seine Motivation. Die zwei Söhne und die Frau blieben zu Hause. „Das intensive Radfahren kann ich der Familie nicht zumuten, darum mache ich solche Touren auch nur alle paar Jahre“, sagt er mit einem Lächeln im Gesicht.

Und mit intensiv hat der Scharteucker nicht untertrieben. 1270 Kilometer Strecke und über 1000 Höhenmeter hat er innerhalb von 16 Tagen überwunden. Die Tour führte über Freiburg, am Rhein entlang ins Schweizer Juragebirge, weiter zum Bieler und vorbei an den Genfer See auf die Route des Grandes Alpes in Richtung Nizza. Die längste Etappe, die Olaf Klebe an einem Tag zurücklegte, war 147 Kilometer lang. „Ich musste es ja immer bis in die nächste Unterkunft schaffen“, so der 46-Jährige. Denn geplant hat er nur den Start und das Ziel. „Ich überlege mir vorher, was ich sehen will, dann lege ich mir eine Strecke zurecht“, erklärt Klebe. Dazu liest er in Internetforen oder Blogs, um sich über Sehenswürdigkeiten zu informieren. Die Unterkunft wird dann vor Ort gebucht.

So machen es viel Radtouristen. Gleichgesinnte, die sich aus verschiedenen Ländern der Herausforderung der großen Tour-de-France-Strecken stellen wollen. Olaf Klebe erzählt von Italienern, die die Pässe mit Rennrädern herunterrasen und Engländern, die er an bestimmten Anstiegen wie dem Col du Galibier begegnet. Im nächsten Ort trifft man sich dann ab und an mal wieder. So zum Beispiel in Barcelonnette. Auf dem Marktplatz trifft sich der Radtourist. „Hier wird gesprochen, analysiert. Das ist einfach schön“, sagt Klebe, wenn er an die Zeit zurück denkt. Vor allem, weil das Wetter mitspielte und er unfallfrei durch die Tour kam. Und dabei geht es bei den Bergabfahrten schonmal mit bis zu 60 Stundenkilometern ins Tal. „Schneller kann ich nicht fahren, weil ich auch einfach mal anhalten muss, wenn ich was schönes sehe“, sagt der 46-Jährige.

Die Tour war nichts für Unsportliche, aber auch Olaf Klebe, der im Jahr 2500 Kilometer mit dem Rad zurücklegt, brauchte erst eine Weile um reinzukommen. „Dafür nutze ich die ersten vier Tage, der Rhythmus ändert sich, man isst anders, aber ab dann ist alles ein Selbstläufer“, betont der leidenschaftliche Radfahrer. Eine Belohnung für die Strapazen gibt es nicht. „Wenn man den Pass erklommen hat und von oben auf das Panorama blickt, ist das Belohnung genug“, betont Klebe. Wenn man das mit Fahrrad geschafft hat, habe man dazu eine ganz andere Wertschätzung.

Diese Wertschätzung hat Klebe schon auf anderen Touren erlebt. Angefangen hat alles mit einer Deutschlandtour kurz nach der Wende. Danach hat er das Fahrradfahren etwas aus den Augen verloren. Erst 2005 kam er mit einem Bekannten darüber ins Gespräch. Das Feuer loderte wieder auf und so ging es ein Jahr später von Berlin nach Rom, 2011 von Cottbus über die Slowakei nach Ungarn und 2013 sollte es bereits nach Nizza gehen. „Das Knie hat nicht mitgemacht“, sagt Klebe. Die Tour hat er abgebrochen. Und 2015 dann nachgeholt – erfolgreich.

Und wenn Olaf Klebe von seinem Abenteuer erzählt, hat man das Gefühl, der Duft der Pinien, die Stille der Berge und das Rauschen des Meeres umgeben ihn wieder sofort. Darum plant er bereits sein nächstes Abenteuer. Wohin es gehen soll, steht aber noch nicht fest.