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Rathaus-Umbau Petition vs. „Delegierten-Demokratie“

780 Bürger sprechen sich gegen einen Umbau des Loburger Rathauses zum Bürgerhaus oder Bürgerzentrum aus.

Von Stephen Zechendorf 12.06.2016, 07:00

Loburg/Möckern l 14 Tage lag die Petition in Loburg aus. Am Ende kamen 780 Unterschriften zusammen. Weil auch Schulkinder und Bürger umliegender Orte unterzeichnet haben, bleiben 645 Unterschriften wahlberechtigter Loburger übrig. Zum Vergleich: zur Ortschaftsratswahl im Jahr 2014 waren etwa 1800 Loburger wahlberechtigt gewesen, 768 nahmen damals ihr Wahlrecht wahr. Für die BCU ist damit klar: die Mehrheit der Loburger will den Umbau nicht.

Stadtchef Frank von Holly nannte die Zahl „beeindruckend“, wollte sie aber nicht interpretieren: „In der Verwaltung wird jetzt geprüft, wie mit der Unterschriftenliste umgegangen wird. Wir können sie als Petition oder Einwohnerantrag bewerten.“

Ein Rathaus-Umbau in Loburg ist nur mit Hilfe der zugesicherten 1,94 Millionen Euro aus dem STARK-V-Programm machbar. Mit dem Geld könnte genauso gut der Ausbau von LED-Straßenlaternen in den Ortschaften bewerkstelligt werden oder der Ausbau der Verwaltung am Standort Möckern. Auch bei der Sporthalle Grabow könnte das Geld eingesetzt werden. Am 16. Juni berät darüber der Bauausschuss und am 21. Juni der Stadtrat von Möckern. Die konkreten Fördergeldanträge müssen bis 30. September eingereicht sein. Der Ortschaftsrat Loburg hatte mit sieben Ja- und zwei Nein-Stimmen für den Umbau des Rathauses zum Bürgerhaus votiert. „Wir leben in einer Delegierten-Demokratie und nicht in einer Basisdemokratie“, gab von Holly zu bedenken.

„Wir bitten mit dieser Petition um mehr Zeit für diese wichtige Angelegenheit und wollen auch Alternativen einbeziehen“, so Andreas Vogler BCU-Ortschaftsratsmitglied. Seine Fraktions-Kollegin Katja Meilchen ergänzt: „Es hat auch nie jemand mit den Loburger Vereinen geredet, ob diese ein solches Bürgerzentrum denn nutzen würden.“ In der BCU glaubt man, dass es auch künftig immer wieder Fördergelder geben wird, mit denen das Rathaus auch später umgebaut werden könnte. Dann, wenn die Verwaltung tatsächlich einmal zusammengelegt wird.

Für Frank von Holly steht fest: „Wenn wir uns jetzt auf die Suche nach anderen Varianten machen, schließe ich den Umbau des Loburger Rathauses zum Bürgerzentrum aus und diese Chance ist vertan.“

Hier setzt die Überlegung der Umbau-Befürworter an: Irgendwann werde die Stadtverwaltung ohnehin zentralisiert werden. „Dann steht das Rathaus leer, weil die aktuelle Chance nicht genutzt wurde“, hatte es Ortsbürgermeister Bernd Wünschmann formuliert. Seine WKA-Fraktion, die SPD und die Linke hatten deswegen dem Umbau zugestimmt und somit auch den vorzeitigen Auszug der Stadtverwaltung in Kauf genommen.

Stadtbürgermeister Frank von Holly äußerte sich auch dazu am Freitagvormittag: „In einer Flächengemeinde wie Möckern ist die Verwaltung von einer zentralen Stelle aus billiger. Sicher gibt es Synergieeffekte, aber ich habe von Beginn an gesagt, dass ich von mir aus einen Auszug der Verwaltung aus dem Rathaus Loburg nicht vorantreibe. Die Vision eines leeren Rathauses in möglicherweise zehn Jahren ist nicht von der Hand zu weisen. Ich kann mir aber nicht vorstellen zu sagen, wir ziehen hier aus. Ich habe dieses Gespenst nicht an die Wand gemalt.“

Ihmzufolge geht eine von mehreren Überlegungen zur Zentralisierung der Stadtverwaltung in eine andere Richtung: „Die Auflösung von Küsel ist schon seit einiger Zeit beschlossene Sache. Dann könnte man das Liegenschaftsamt von dort nach Loburg verlegen und das Ordnungsamt dafür von Loburg nach Möckern, wo es mit der Polizei in der Polizeistation gegenüber vom Rathaus untergebracht wird.“

Nach Aussagen von Frank von Holly gibt es bisher keine konkreten Planungen zu einem Rathaus-Umbau, sondern nur die Vorstellung, nach der der Innenhof und teils ungenutzte Gebäudeteile des Anbaus zu einem Saal umgebaut werden. Von Holly betonte, dass er sich eine offene Diskussion in Loburg gewünscht habe, an der er hatte teilnehmen wollen. Dies habe leider nicht geklappt. Zu den laufenden Kosten für ein Bürgerhaus in Loburg sagte der Stadtchef, man könne jährlich etwa 10 000 bis 15 000 Euro laufende Betriebskosten ansetzen. Diese würden von der Stadt übernommen werden.

In der Vergangenheit wurden immer wieder alternative Gebäude für ein Bürgerhaus genannt und deren Für und Wider diskutiert. Auch Frank von Holly äußerte sich im Gespräch mit der BCU am Freitag zu den vermeintlichen Alternativen.

Die neue Sporthalle am Markt: „Bei der Sporthalle Möckern haben wir negative Erfahrungen aus einer Doppelnutzung als Sport- und Veranstaltungsstätte gezogen“, sagt dazu Frank von Holly.

Die alte Sportstätte neben der Grundschule Loburg: „Den Vorschlag einer gemeindlichen Nutzung dieser Halle habe ich gemacht, als die neue Sporthalle fertig war. Daraufhin gab es Protest der Grundschulelternvertretung“, so von Holly. Und: „Der Bau eines notwendigen Anbaus wäre angesichts des sumpfigen Untergrundes sehr aufwändig.“

Die leere Sekundarschule am Kalitzer Weg: Frank von Holly: „Sie ist zu groß. Da passen drei Bürgerzentren hinein.“

Die Loburger Burg: „Die Burg erschien mir immer als Kernziel für den Wunsch nach einem Loburger Bürgerhaus. Der Ortschaftsrat Loburg hatte vor etwa fünf Jahren ein Konzept erarbeitet, mit welchem im Hauptgebäude ein Raum für 80 bis 100 Leuten geschaffen werden sollte. Dieses Konzept wurde über den Haufen geworfen, als die Räumlichkeiten für die Kaffeekannen geschaffen wurden. Das war ein Verstoß gegen die alte Beschlusslage. Hätte der Ortschaftsrat die Burg als Bürgerzentrum vorgeschlagen, wäre ich damit in den Stadtrat gegangen.“

Loburgs Ortschaftsratsfraktionen präsentieren sich derweil zerstritten. Ein Arbeitsgespräch am Dienstag verlief ergebnislos. Beide Seiten werfen sich vor, mit unwahren Behauptungen zu argumentieren. „Die BCU hat bei der Unterschriftensammlung von Abriss des Anbaus geredet“, sagt Wünschmann. Katja Meilchen wirft Wünschmann vor, dass dieser vier Wochen von den Plänen gewusst habe, die BCU aber nur drei Tage Zeit bis zum Ortschaftsratsbeschluss hatte.

Bernd Wünschmann relativiert: Er habe die Idee zum Rathaus-Umbau von Stadtchef Frank von Holly am 30. März erhalten und die Ortschaftsräte am 7. April bei einer Arbeitsberatung informieren wollen, zu der aber kein BCU-Mitglied erschienen war. Wegen eines Unfalles sei es zu weiteren Verzögerungen gekommen. „Die BCU muss acht oder neun Tage Zeit gehabt haben“, sagt er.

Die BCU erklärt, man habe erst eine Woche vor der Einwohnerversammlung am 22. April von der Idee erfahren – durch Frank von Holly.