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Sicherungsverwahrung Viel Reden und Zuhören beim Kochen

Kochen, Malen, Reden und Zuhören - ein Burger Ehepaar trifft sich seit vier Jahren mit Sicherungsverwahrten. Eine Form der Therapie.

Von Tobias Dachenhausen 12.08.2016, 08:00

Burg l Erst am Mittwoch wurden die beiden Burger Jutta und Jürgen Groth von ihrer Kochgruppe überrascht – in der Justizvollzugsanstalt (JVA). Selbstgemachte Salate, Gegrilltes, Eis und selbstgebackener Kuchen warteten auf das Ehepaar. „Für uns ist das ein Zeichen der Dankbarkeit, dass wir für sie da sind und ihnen zuhören“, sagt Jutta Groth.

Seit vier Jahren gehen die beiden einmal im Monat für vier Stunden in das Burger Gefängnis, um mit den Sicherungsverwahrten der JVA zu kochen. Sieben bis acht Teilnehmer können sie im Schnitt begrüßen. „Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Küchenteam. Jeder weiß, was er zu tun hat“, sagt Jürgen Groth. In zwei Wochen muss auch jeder Handgriff sitzen. Dann dürfen die Häftlinge Angehörige einladen. „Für die, die noch Kontakt haben, sind es die Familienmitglieder, für die anderen weitere Bezugspersonen“, erklärt Jutta Groth. 20 Personen kommen da zusammen. Da muss im Akkord gearbeitet werden. „Die Bedingungen sind nicht ideal, aber wir bekommen es doch jedes Mal hin“, sagt Jutta Groth mit einem Lächeln im Gesicht. Dabei sei der Kontakt zu den Angehörigen immens wichtig. „Für die soziale Bindung ist es das A und O“, weiß Jürgen Groth.

Und darum geht es einmal im Monat in der JVA-Kochgruppe auch nicht nur ums Kochen. Sondern: „Viel, viel, viel reden und zuhören“, bringt es der Burger auf den Punkt. „Sie müssen einfach merken, dass wir sie ernst nehmen“, ergänzt seine Frau. Das war am Anfang nicht ganz einfach, aber nach vier Jahren haben die beiden Burger großes Vertrauen zu ihrer Gruppe aufbauen können. Zweifel, weil sie mit Verbrechern zusammen arbeiten, haben die beiden nicht. „Wir betrachten sie als Menschen. Die meisten sind selbst mit sich selbst nicht glücklich“, so Jürgen Groth.

Eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensanspruch, der eigenen Lebensrealität und dem jetzigen Vollzugsdasein hat sich auch die Malgalerie zum Ziel gesetzt. Der Landesverband für Kriminalprävention und Resozialisierung hat in Kooperation mit dem Amtsgericht Burg zum 18. Mal zu einem Wettbewerb alle Häftlinge im Land Sachsen-Anhalt aufgerufen. Am 24. August werden die besten Bilder prämiert, einen Tag später kann sich die Öffentlichkeit von den Kunstwerken im Amtsgericht überzeugen.

Ein Teilnehmer des Kochkurses der Groths hat sich wiederholt an dem Wettbewerb beteiligt. „Er ist ganz aufgeregt, ob er eine Einladung erhalten wird“, sagt Jutta Groth. Mit der Kreativität, egal ob schreiben oder malen, würden die Häftlinge ihre Situation, ihren Zustand oder auch Schuldgefühle ausdrücken. Es sei eine Art Therapie, so das Ehepaar.

Beim Kochen ist das nicht viel anders. An ein Aufhören können die Burger nicht denken. „Dafür gibt es keinen Grund. Das ziehen wir jetzt durch“, sagt Jürgen Groth.