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Thema Flucht Klassenzimmertheater startet in Burg

Mobile Schauspielstücke zu den Themen Flucht, Fremdsein und Toleranz sollen Schülern in Sachsen-Anhalt sensibilisieren.

Von Juliane Just 28.09.2016, 06:00

Burg l Hektik bestimmt die Abreise. Mit ein paar Habseligkeiten in der Hand flüchtet der Protagonist aus Deutschland. Es herrscht Krieg, seine Mutter ist sterbenskrank, seine Schwester wurde von Bombensplittern getroffen. Zuerst in einem Viehwaggon, gedrängt zwischen hunderten anderer Flüchtenden, anschließend auf einem überfüllten Schiff nimmt er eine Reise auf sich, die er nie vergessen wird. Wird er in dem neuen Land aufgenommen? Wie wird es ihm dort ergehen? Und was wird mit seiner Familie?

„Krieg - Stell dir vor, er wäre hier“ nennt sich das Stück, das am Montag in der Sekundarschule „Diesterweg“ aufgeführt wurde. Dieses Klassenzimmertheater wurde vom Awo-Nachbarschaftstreff in Burg in Kooperation mit dem Theater der Altmark organisiert. Dabei schildert Schauspieler Carsten Faseler in einem Ein-Mann-Stück die Bürokratiehürden im neuen Land, Sprachprobleme und das Gefühl des Fremdseins nach dem Roman von Janne Teller in einer Inszenierung von Ronald Mernitz.

Sechs Wochen dauert seine Reise nach Ägypten. Dort angekommen, lebt er in einer Zeltstadt. Seine Familie hat er gefunden, aber Mutter und Schwester geht es schlecht. „Immerhin: Du frierst nicht mehr - im Gegenteil“, berichtet der Protagonist. Bis zur Asylgenehmigung heißt es warten. Oftmals greift er zur Gitarre und singt. Das Warten wird zur Nervenprobe.

Mit dem Theaterstück sollen Schüler unkonventionell an das Thema Flucht herangeführt werden. Denn auch die Schüler in Burg sehen sich zunehmend mit dem Thema konfrontiert. Nicht immer laufen Erstbegegnungen der Schüler ohne Vorurteile ab. „Derzeit haben wir 32 Schüler mit Migrationshintergrund an der Sekundarschule“, sagt Schuldirektor Uwe Beuster. „Oftmals kann man nur erahnen, was sie in den vergangenen Jahren erlebt haben.“ Mit dem Stück sollen Kinder und Jugendliche für das Thema sensibilisiert werden.

Zwei Jahre später hat der Protagonist Asyl in Ägypten erhalten. Trotz des Erfolges bleibt ein ungutes Gefühl. „Es fühlt sich an, als hätte dir jemand zwei Jahre gestohlen“, erzählt der Geflüchtete. In einer kleinen Wohnung lebt er mit seiner Schwester in der Provinz. Er spürt böse Blicke im Rücken und wird oft angesprochen. Durch Sprachbarrieren weiß er nicht, wie die Menschen ihm begegnen. Das Essen ist ungewohnt. Die Menschen sind anders. Er ist anders. „Du bist fremd. Und daran, als minderwertiger Mensch betrachtet zu werden, gewöhnst du dich nie“, erzählt er.

An dem Klassenzimmertheater arbeitete auch Abdulhadi Alhussin mit, der seit drei Monaten für die Awo in Burg arbeitet und selbst vor Jahren aus Syrien nach Deutschland flüchtete. „Ich kann meine Erfahrungen mit in das Stück und die Nachgespräche einbringen“, erzählt er. Für die Schüler sieht er mit dem 40-minütigen Theaterstück eine Chance, die Perspektive zu wechseln.

Das Klassenzimmertheater soll als Veranstaltungsreihe durch mehrere Schulen Sachsen-Anhalts ziehen. Die Stadt der Türme galt als Auftakt, nun zieht das Theater der Altmark weiter nach Gommern, Dessau und Magdeburg. Gefördert wird das Theaterprojekt vom Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“.