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Schulsozialarbeit Mehr als Tee trinken und Händchen halten

Ein Sofa zum Relaxen, eine Tasse Tee und ein paar Kekse - und schon ist das Klischee vom Schulsozialarbeiter perfekt gezeichnet.

Von Anke Kohl 04.09.2015, 20:09

Gardelegen l Christin Schulze, Janine Heinrich und Anke Matys sind Schulsozialarbeiter in Gardelegen und Mieste. „Die trinken doch bloß Tee mit den Kids und verteilen Taschentücher, wenn einer heult“, lautete einst tatsächlich die Überzeugung mancher Mitmenschen. Doch die Aufgabe der Mitarbeiterinnen des Jugendförderungszentrums (JFZ) ist eine ganz andere. „Wir sind auch die Vermittler zwischen Eltern und Kindern und Lehrern“, sagt Janine Heinrich, die seit dem 1. Mai als Schulsozialarbeiterin an der Miester Sekundarschule arbeitet. Und Anke Matys, ihr Arbeitsplatz ist die Rosa-Luxemburg-Förderschule in Gardelegen, erklärt: „Wir sind die Mediatoren zwischen den Parteien.“ Dass sie sich gerade in Gesprächen mit Eltern, Schülern und Lehrern bewusst nicht an die selbe Seite des Tisches setze wie die Lehrer, fügt Christin Schulze, Schulsozialarbeiterin an der Karl-Marx-Schule, hinzu. „Ich betone dann meist, dass ich nicht in der Schule angestellt bin, sondern beim JFZ, dass Träger der Schulsozialarbeit in Gardelegen ist. Ich stehe also als neutrale Instanz im Raum.“

Beim Stichwort Raum sind die drei Damen auch sofort bei ihren Schülern. „In den Pausen ist hier immer was los“, sagt Christin Schulze. „Da ist bei mir jeder freie Platz belegt. Die Kinder nehmen das gern in Anspruch“, sagt auch Janine Heinrich über ihr Miester Büro, in dem es genauso eine gemütliche Couch gibt wie bei ihrer Kollegin an der Karl-Marx-Schule. Erst seit gut einer Woche steht die Tür von Anke Matys Büro in der Förderschule allen Mädchen und Jungen offen. „Wir werden uns noch beschnuppern müssen“, ist sie ebenso überzeugt wie zuversichtlich.

Was sie denn nun wirklich machen, wenn sie schon nicht den ganzen Tag Tee trinken, ist aus bürokratischer Sicht mit einem Satz gesagt: Förderung und Entwicklung sozialpädagogischer Kompetenzen im Interesse der Schüler, Eltern und Lehrer. Im Schulalltag nimmt die Arbeit von Matys, Schulze und Heinrich dann aber konkrete Formen an. Die Vorbereitung von Projekten mit den Schülern nimmt viel Raum in Anspruch. Angefangen beim Thema eines Projektes, zum Beispiel „Sucht und Drogenmissbrauch“, wird dann erstmal ein Zeitplan erarbeitet. Wie lange soll die Veranstaltung dauern? Wo kann sie stattfinden oder wer kommt als Partner des Projektes in Frage? „Da müssen dann Elternbriefe geschrieben und eventuell der Bustransport geplant und organisiert werden“, erzählt Janine Heinrich aus Erfahrung.

Und ist das Projekt beendet, ist noch lange nicht Schluss. Dann folgt nämlich noch die Abrechnung gegenüber dem Geldgeber - dem Land Sachsen-Anhalt. „Jeder Kilometer, jede Minute muss punktgenau korrekt aufgelistet und begründet werden“, zählt Anke Matys auf. Die Schüler sehen von all dem natürlich nichts. „Die fragen aber schon mal, ob ich mich denn nicht langweile, wenn sie im Unterricht sind“, erzählt die Miester Schulsozialarbeiterin und lacht.

Aber es gibt auch die ernsteren Seiten der Schulsozialarbeit. Wenn Schüler mit Sorgen oder Ängsten auf sie zukommen, organisieren sie Gespräche mit den Lehrern, laden die Eltern zu Gesprächsrunden ein und nehmen die Stelle des Vermittlers ein. Schwierig wird es für Anke Matys, wenn Schüler aggressive Verhaltensauffälligkeiten zeigen. „Wenn sie gegen Wände schlagen oder Türen eintreten, das ist hart für mich.“ Manchmal helfe da, die Jugendlichen zu beruhigen und manchmal müsse man sie einfach machen lassen, wägt sie dann ab.

Selbstverstümmelung durch Ritzen der Haut gehört für Christin Schulze und Janine Heinrich zu den schwierigsten Problemen, mit denen sie konfrontiert sind. „Da muss man, wie überall eigentlich, sehr sensibel sein“, betont Heinrich. Sie frage dann, ob die Eltern Bescheid wüssten, und wenn nicht, dann erklärt sie, dass es besser ist, Mutter und Vater zu informieren. „Und wenn der Schüler oder die Schülerin es möchte, dann stehe ich ihnen dabei gern zur Seite.“ Und: „Wir sind die erste Anlaufstelle, die weitere Partner für Hilfe kennt und neutral ansprechen kann.“ Da ist sie wieder – die Vermittlerrolle.