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Großstadtserie Spelunkenwirt - eine altmärkische Institution

Im Rahmen der Gardeleger Großstadtserie besuchte Volksstimme auch den Spelunkenwirt in Wiepke.

Von Andreas Puls 01.01.2016, 02:00

Wiepke l Der Spelunkenwirt aus Wiepke ist in der ganzen Region bekannt – nicht nur für Gasthausbesucher, die sich kulinarisch verwöhnen lassen möchten. Auch bei Veranstaltungen wie Dorf-, Stadt-, Vereinsfesten sowie Privatfeiern führt kaum ein Weg an dem Familienbetrieb vorbei. Das Ehepaar Gaby und Ronald Gaede hat es geschafft. Sie haben sich durch schwierige Zeiten durchgebissen, sind mit viel Fleiß und Beharrlichkeit am Ball geblieben. Und das hat sich ausgezahlt. Der in der Wendezeit gegründete Familienbetrieb hat heute mehrere Standbeine und floriert.

Den gebürtigen Wiepker Ronald Gaede zog es zu DDR-Zeiten als junger Mann in die Fremde. Er erlernte in Oberwiesenthal den Beruf des Hotelfachmanns und arbeitete als solcher auch zehn Jahre lang in dem erzgebirgischen Urlaubsort. Und es war wohl ein schöner Wink des Schicksals, dass er dort seine spätere Frau Gaby kennenlernte, die ebenfalls in der Gastwirtschaft tätig war. Ausgestattet mit der geballten Ladung an Wissen und Erfahrung im Gastwirtschaftsgewerbe entschlossen sich die beiden in der Wendezeit, gemeinsam nach Wiepke zu ziehen. Grund war der Tod von Ronald Gaedes Mutter. Der Vater wohnte allein auf dem elterlichen Grundstück. Der junge Gaede wollte zurück.

Gaby Gaede erinnert sich noch gern, teils aber auch mit gemischten Gefühlen an diese aufregende Wendezeit zurück. „Es war 1989, als die DDR noch Bestand hatte. Wir fuhren nach Ungarn – aber nicht, um in den Westen abzuhauen, wie damals die meisten Ostdeutschen. Ich weiß noch, dass uns niemand geglaubt hat, dass wir in Ungarn nur Urlaub machen wollten“, erzählt die leidenschaftliche Gastwirtin.

Danach zog das junge Paar endgültig nach Wiepke. Sie arbeitete zunächst im Hotel Deutsches Haus in Gardelegen. Er war als Gemeindearbeiter tätig. Aber beide erfüllten sich den Traum von einer eigenen Gastwirtschaft, und so übernahmen Gaedes bereits Ende November 1989 die damalige Wiepker Konsum-Gaststätte an der Hauptstraße des Dorfes, die von da an Bauernstube hieß. Etwas später übernahmen die beiden auch noch die gastronomische Versorgung im Waldbad Zichtau. Veranstaltungen mit Zeltbetrieb kamen ab 1993 als zusätzliches Standbein hinzu.

Ab Mitte der neunziger Jahre wurde schließlich auf Gaedes elterlichem Hof in der Alten Dorfstraße 14 in Wiepke die Gaststätte Spelunkenwirt gebaut. Die Eröffnung war 1998. „Von da an ging es bergauf“, sagt Gaby Gaede. Das Gasthaus entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer in der ganzen Region beliebten Anlaufstelle. Auch zwei unterschiedlich große Veranstaltungsräume wurden ausgebaut. „Die Größe des Grundstücks ist ein weiterer Pluspunkt. Es bietet heute nicht nur Platz und Unterstellmöglichkeiten für unseren Fuhrpark und das Veranstaltungszubehör wie Zelte und Sitzgarnituren. Auf dem angrenzenden Gartengrundstück finden jedes Jahr im Oktober die Wiepker Spelunkennächte statt, die viele Besucher anlocken“, freut sich der Gastwirt. Diese Veranstaltung ist für den Familienbetrieb auch der Saisonabschluss.

Vor allem der Veranstaltungsservice mit allem drum und dran, berichten Gaedes, habe sich mittlerweile zu einem Selbstläufer entwickelt. Ob der Verleih von großen und kleinen Veranstaltungszelten, ob mit oder ohne gastronomische Versorgung, oder die Vermietung von Getränke- und Imbisswagen mit Ausschankkräften – die Nachfrage ist groß. Gaedes haben im Laufe der Jahre stetig in ihr Unternehmen investiert. Allein zum Fuhrpark gehören mittlerweile zwei Lkw, drei Transporter, Gulaschkanonen, Imbisswagen, Bierwagen und mehr als 20 Hänger. Außerdem stehen elf Veranstaltungszelte verschiedenster Größen, Sitzgarnituren, eine Hüpfburg und anderes mehr zur Verfügung.

Seit vier Jahren gehört auch Ronald und Gaby Gaedes Sohn Rick (24) zum Stammpersonal. Er erlernte den Beruf des Hotelfachmanns in Heiligenblut am Großglockner (Österreich). Aber auch ihn zog es wieder zurück in die Heimat. Zum Personal gehören außerdem eine festangestellte Service- und Küchenkraft, zwei Teilzeitkräfte sowie zahlreiche Pauschalkräfte, die je nach Bedarf zum Einsatz kommen. Gaedes müssen die Leidenschaft für die Gastwirtschaft wohl im Blut haben, um der Arbeitsbelastung gewachsen zu sein. „Nehmen wir mal einen ganz normalen Sonnabend in der Saison mit Mittagstisch, Veranstaltung im Haus, Catering sowie Veranstaltungsservice mit Zelt- und Imbisswagenverleih. Das wird dann in jedem Fall ein langer Tag, und man hat kein Wochenende, zumindest in der Saison“, erklärt Gaby Gaede.

„Man darf in diesem Geschäft nicht auf die Uhr gucken“, sagt Ronald Gaede. Gewöhnlicherweise geht der Arbeitstag für die Familie zwischen 8 und 9 Uhr los. Zu dieser Zeit beginnen in der Küche der Gastwirtschaft die Vorbereitungen für den Mittagstisch. „Meistens teile ich mir diese Aufgabe mit einer Mitarbeiterin. Einer kümmert sich um die à la carte-Speisen, also die Gerichte, die für den Verzehr im Gasthaus bestimmt sind. Der andere widmet sich dem Partyservice, sprich dem Catering. Am Vormittag beginnt dann bereits die Auslieferung des Essens“, erklärt Gaby Gaede. Und zu dieser Zeit füllt sich auch bereits das Wirtshaus mit Gästen. Besonders arbeitsreich geht es zu, wenn beim Spelunkenwirt eine Veranstaltung stattfindet, was häufig vorkommt.

Nach dem Mittagstisch versucht die Familie, erst einmal eine kleine Pause einzulegen. Aber etwa um 14 Uhr geht es schon wieder los. Dann beginnt in der Küche die nächste Kochschicht – natürlich auch wieder für die Cateringversorgung bei den abendlichen Veranstaltungen. Oft sind an den Wochenenden auch schon nachmittags Gäste in der „Spelunke“ zu bewirten, was meistens das Servicepersonal übernimmt. „Bei alledem legen wir großen Wert darauf, dass Gäste, die bei uns feiern, von den Aktivitäten rund um den Cateringservice möglichst nichts mitbekommen“, erklärt Ronald Gaede. An manchen Tagen gerate die Küche an die Kapazitätsgrenze. Dann komme es auch schon mal vor, dass Aufträge nicht angenommen werden. „Qualität geht vor“, unterstreicht die Wirtsfrau. Gekocht wird beim Spelunkenwirt nach den individuellen Wünschen der Gäste. Gutbürgerliche Küche steht nach wie vor am höchsten im Kurs.

Meistens etwa ab 17.30 Uhr beginnt im Gasthaus die emsigste Zeit des Tages – insbesondere dann, wenn Gäste einer Feier zu versorgen sind. Parallel bereiten Ronald und Rick Gaede draußen auf dem Hof bereits die Fahrzeuge vor, mit denen das Cateringessen ausgefahren wird und jene, die noch zu den Veranstaltungen ausrücken müssen. Erst weit nach Mitternacht gehen Gaedes an den Wochenenden schlafen. Für Rick wird es fast immer noch später, denn er kümmert sich noch um den Service, also um die Veranstaltungen außerhalb. „Sonntagabend weiß man, was man gemacht hat“, resümiert Ronald Gaede.

Aber am Montag und Dienstag bleibt kaum Zeit zum Verschnaufen, denn dann heißt es, die Festzelte und alle anderen Utensilien bei den Veranstaltern wieder abzubauen. Und nach der Veranstaltung ist vor der Veranstaltung. Spätestens am Donnerstag beginnt der Aufbau für die nächsten Feste und Privatveranstaltungen. Natürlich ist in einem solchen Betrieb auch viel Schreibkram zu erledigen. Dafür nimmt sich Gaby Gaede an jedem Dienstag und Mittwoch Zeit. Dann heißt es auch herumzutelefonieren und Absprachen zu treffen. Bleibt noch zu erwähnen, dass Ronald Gaede auch Chef der Wiepker Wehr ist. „Es gibt Tage, da ist man 24 Stunden in Gang“, sagt er. Ruhiger wird es für die Familie immerhin im Spätherbst und Winter, wenn keine Veranstaltungen zu bewältigen sind.

 

Im 17. Teil unserer 24-teiligen Serie besuchen Sie am Sonnabend, 2. Januar, gemeinsam mit Ihrer Volksstimme altmärkische Landwirtschaftsbetriebe.