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Stadtrat Von Aufklebern und Schießbuden

Ein kleiner Aufkleber sorgt im Stadtrat für große Fragezeichen. Mit dem Sticker sollen künftig Plakate gekennzeichnet werden.

Von Gesine Biermann 27.01.2016, 02:00

Gardelegen l Er misst schlappe vier mal sieben Zentimeter und kam am Montagabend dennoch ganz groß raus. Dabei gibt es den roten Aufkleber mit den Worten „Hansestadt Gardelegen – Plakatierung genehmigt“ und dem städtischen Siegel noch gar nicht. Bislang ist er lediglich ein Vorschlag der Verwaltung, die mit dem Sticker sicherstellen will, dass künftig keine ungenehmigten Plakate jeder Art im Stadtgebiet aufgehängt werden. In der überarbeiteten Sondernutzungssatzung, über die die Stadträte am Montag zu befinden hatten, heißt es dazu: „Zur Kontrolle der Einhaltung der erlaubten Anzahl der Plakatträger erhält der Erlaubnisnehmer in gleicher Anzahl gefertigte Aufkleber. Jeder Plakatträger ist sichtbar mit einem Aufkleber zu versehen. Plakatträger, die ohne Aufkleber angebracht werden, werden auf Kosten des Erlaubnisnehmers entfernt“. Sprich: Nur Plakate mit Sticker gelten als angemeldet.

Im Vorfeld gab es allerdings schon Protest: Die CDU-Fraktion stellte den Antrag, den Passus im Hinblick auf die Kosten und eine mögliche „Verfremdung“ der Plakate komplett zu streichen. Die befürchteten hohen Kosten konnte Fachdienstleiterin Isolde Niebuhr ausschließen: „7200 Aufkleber bekommen wir für 36 Euro“, beruhigte sie. Dem Antragsteller würden sie kostenfrei zur Verfügung gestellt. Niebuhr erläuterte schließlich auch noch einmal den Grund für die Aufkleberpflicht: „Wenn zum Beispiel statt 120 genehmigter Plakate 400 hängen, können wir das so feststellen.“ In dem Fall sei die Verwaltung nämlich in der Nachweispflicht.

Für CDU-Stadträtin Sandra Hietel erschloss sich das dennoch nicht: „Man fährt ja viel rum, und ich habe noch nie solche Aufkleber gesehen.“ Doch, es gebe schon Kommunen, die Aufkleber verwenden, konterte Niebuhr. Unter anderem die Nachbargemeinde Kalbe habe Erfahrungen damit.

Auf Hietels Nachfrage: „Wenn da so ein rotes Ding hinkommt, wo muss ich das denn hinmachen, damit es sich abhebt, vielleicht auf die Stirn oder die Nase?“, gab ihr schließlich Stadtratschef und Fraktionskollege Kai-Michael Neubüser eine Antwort: „Es sollte einfach gut sichtbar sein. Wir müssen hier ja nichts überreglementieren.

„Wir sollten zustimmen, die Verwaltung hat sich sicher was dabei gedacht“, empfahl auch Dirk Kuke (Fraktion Freie Liste/Feuerwehr). Sie habe die Sache mit den Aufklebern zwar verstanden, betonte danach Regina Lessing (Gemischte Fraktion) ironisch, sie allerdings zweifele, dass die Verwaltung die Kraft habe, das zu kontrollieren. Das sei wie der Passus, dass kaputte Plakate entfernt werden müssten, „nur der erhobene Zeigefinger“.

Auch Lessing hatte indes eine Anfrage zur Satzungsänderung. Sie hatte nämlich entdeckt, dass „Schießbuden“ in der Gebührentariftabelle doppelt und zu zwei verschiedenen Preisen vorkommen. Schnelle und unkomplizierte Entscheidung von Niebuhr: In diesem Fall gelte der teurere Satz.

Ganz spontan stellte schließlich auch SPD-Stadtrat Peter Wiechmann noch einen Antrag zur Satzung: Und zwar den, die Maximalzahl bei Wahlplakaten auf 200 anzuheben. Die Verwaltung hatte 100 Stück vorgeschlagen, die CDU bereits 150 beantragt.

„Wir geben oft gar keine Aufkleber mehr mit.“

Renate Zenker. Ordnungsamt Kalbe

Mit der Zustimmung des Stadtrates dürfen Parteien, Wählergemeinschaften und Einzelkandidaten künftig nun tatsächlich 200 Plakate kleben. Und diese müssen, so entschied das Gremium auch – gegen den geschlossenen Widerstand der CDU – alle mit Aufklebern versehen werden.

Inwieweit diese am Ende kontrolliert werden, wird die Praxis in der Zukunft zeigen. „Wir geben oft gar keine Aufkleber mehr mit“, sagte Anette Zenker vom Kalbenser Ordnungsamt gestern auf Anfrage, „wir haben einfach nicht die Zeit, rumzufahren und zu kontrollieren, ob sie drauf sind.“ Zudem seien auf Wahlplakaten überhaupt keine Aufkleber vorgesehen. „Die müssen ja ohnehin nicht bezahlt werden.“

Auch der Kommunalaufsicht ist die „Regelung“ von Aufklebern auf Wahlplakaten bisher offenbar unbekannt. Eine Prüfung werde erfolgen, sagte gestern Kreis-Pressesprecherin Birgit Eurich.