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Denkmalschutz Dreck nicht gleich Dreck

Denkmäler sind in Gardelegen aktuell ein heißes Thema. Wieder einmal geht es um Nebengelass und Abrissarbeiten - mitten im Stadtkern.

Von Gesine Biermann 30.04.2016, 03:00

Gardelegen l Seit Jahrzehnten steht es leer und gammelt vor sich hin: Das Gebäude der Marktstraße 2/4 ist grau, trist und schmutzig. Wer die Straße in Richtung Stadtzentrum befährt, sieht – wenn er denn hinschaut, denn ein schöner Anblick ist es nicht – eine murkelige Fassade, blinde Fenster und verkrautete Bürgersteige. Doch mit dem vergangenen Sommer schien das Leben in die historischen Mauern zurückgekehrt zu sein: Auf der schmalen Marktstraße füllte sich Container um Container – zunächst mit altem Mobiliar und Sperrmüll, später dann auch deutlich sichtbar mit Abbruchmaterial.

„Wir haben entrümpelt“, beschreibt Bauherr Ricardo Henkelmann. Der kommt aus Stendal, führt dort ein Immobilienunternehmen und war „durch Zufall auf das Objekt gestoßen“, erzählt er im Gespräch mit der Volksstimme. Das alte Haus habe ihm gefallen. Zehn moderne Wohnungen will er dort schaffen, in 1a-Lage, mitten in der Innenstadt.

Zuvor muss natürlich Bau- freiheit geschaffen werden. Deshalb hätten die Mitarbeiter einer rumänischen Subunternehmerfirma („Natürlich alle ordnungsgemäß angemeldet, was denken Sie denn?“) dort in den vergangenen Monaten schon mal aufgeräumt. Ja, einiges sei auch abgerissen worden, gibt Henkelmann zu. „Aber das meiste ist sowieso schon von selbst zusammengefallen. Das war echt alles nur Dreck. Meterhoch!“ Dass die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises offenbar nicht so ganz mit seiner Definition von Dreck übereinstimmt, erfährt der Bauherr erst Wochen später: „...am 29. September wurde erstmals festgestellt, dass hofseitig in der Marktstraße 2 und 4 und dem Rathausplatz 3 Abbrucharbeiten durchgeführt werden“, heißt es auf Nachfrage aus dem Amt.

 „Vorliegend wurde das komplette nördliche Nebengebäude auf dem Hof entfernt.“ Eine Genehmigung zum Abbruch (Abbruchanzeige nach BauO LSA, denkmalrechtliche Genehmigung, Sanierungsgenehmigung) habe nicht vorgelegen. Am 1. Oktober treffen sich daraufhin Mitarbeiter der Kreisbehörde und des Landesamtes für Denkmalschutz vor Ort mit dem Bauherrn und stellen fest „dass der Hof weiter beräumt und nur noch mit Abbruchresten wie Ziegel, Holz oder Asbest bedeckt war.“ Das Nebengebäude sei nach Angabe des Bauherrn „zwischenzeitlich zusammengefallen und nur noch als Schutthaufen vorhanden.“

Mündlichen und schriftlichen Aufforderungen, den Abriss einzustellen, sei der Bauherr nicht nachgekommen. Am 10. November wird ihm deshalb untersagt, die Arbeiten weiterzuführen. So recht einsehen mag der die Anordnungen indes nicht: Und was er schließlich beim jüngsten Ortstermin am 25. November hört, scheint das auch nicht besser zu machen: „Hier wurde nochmals erörtert, dass Eingriffe in Kulturdenkmäler gemäß des Denkmalschutzgesetzes des Landes genehmigungspflichtig sind“, heißt es dazu aus der Behörde. Er habe Müll entsorgt, „und die wollen hier irgendwelche Farben testen“, kommentiert Henkelmann entrüstet.

Man sollte doch froh sein, dass einer so ein altes Haus modernisieren will, findet der Stendaler. „Ich will auch keine Fördermittel, ich will gar nichts, aber wenn die mich nicht weitermachen lassen, dann mache ich draußen ein Schild dran, auf dem stehen wird, dass mich die Beamten behindern“, kündigt Henkelmann an. Dass er für seinen Ausbau eine Baugenehmigung brauche, sei ihm natürlich grundsätzlich klar, lenkt der Bauherr ein. Und die Leute seien eigentlich auch nett gewesen, „der Bauamtsleiter, ein Top-Mann.“ Und so soll nun alles auch den hochoffiziellen Weg gehen, versichert Henkelmann. Ein Bauantrag sei gestellt – „eingegangen am 13. April“, bestätigt die Behörde.

Auf dem nun „beräumten“ Innenhof sollen übrigens Parkplätze entstehen, sagt Henkelmann. Die würden für Mieter schließlich dringend benötigt.