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Reutterschule Die Extraportion Lesetraining

Aus Sicht von Lehrerin Dunja Pachali sind sie Gold wert - die sechs Leseomas von der Volkssolidarität Gardelegen.

Von Andreas Puls 13.05.2016, 21:00

Gardelegen l Einmal wöchentlich, immer dienstags, kommen Bärbel Walter, Karin Schlüsselburg, Karin Hasse, Birgit Bistrek, Hannelore Lüpke und Irmgard Falk zum Unterrichtsende in die Schule. Vor dem Klassenraum der 2 b nehmen sie „ihre“ Schüler in Empfang. Nach einer kurzen Unterredung mit Dunja Pachali gehen alle in getrennte Räume – jeweils eine Lese-Oma mit einem Schüler. Dann wird für eine halbe bis dreiviertel Stunde intensiv Lesen geübt. Das heißt, die Kinder lesen die Texte vor, und die „Omas“ verbessern, lesen im Bedarfsfall eine Textpassage noch einmal richtig vor und lassen sie von ihrem Schüler noch einmal wiederholen.

„Als Lektüre dienen meistens aktuelle Lesetexte aus dem Deutschunterricht oder auch altersgerechte Bücher aus der Schulbibliothek“, erklärt Pachali. Die Klassenleiterin ist froh über diese Form der ehrenamtlichen Unterstützung durch die sechs Frauen von der Volkssolidarität. Dieses Lese-Trainingsangebot, erklärt die Lehrerin, richte sich speziell an Schüler, die mit dem Lesen Probleme haben – wofür es sehr unterschiedliche Ursachen geben kann. Die Eltern, die letztlich entscheiden müssen, ob ihre Kinder teilnehmen oder nicht, hätten das Projekt von Anfang an sehr positiv gesehen.

Und die Lehrerin ist begeistert über die Ergebnisse. „Es ist eine spürbare Hilfe, für die ich sehr dankbar bin. Schnell haben sich bei den Kindern positive Effekte gezeigt. Das Lesen wurde flüssiger. Alle haben Fortschritte gemacht. Ein Schüler konnte nach wenigen Monaten aus dem Projekt wieder ausscheiden“, berichtet Dunja Pachali. Das Projekt Leseomas ist im vergangenen Jahr aus der Patenschaft zwischen der Volkssolidarität Gardelegen und der Klasse 1 b entstanden, also der jetzigen Klasse 2 b. Für die Patenschaft, die bis zum Ende der vierten Klasse geht, wurde ein richtiges Konzept erarbeitet. Ein Vertrag wurde unterzeichnet. Beiden Seiten, so Klassenleiterin Dunja Pachali, sei es von Anfang an sehr wichtig gewesen, die Patenschaft wirklich mit Leben zu erfüllen. Die gemeinsamen Aktivitäten sollten über regelmäßige Treffen hinaus gehen.

Das Projekt Leseomas hat Dunja Pachali als einen Bestandteil der Patenschaft vorgeschlagen. „Ich habe während meines Lehrer-Referendariats in Hildesheim bereits mit Leseomas zu tun gehabt und dort viele positive Erfahrungen gesammelt. Die Patenschaft mit der Volkssolidarität war dann der Anlass, es auch in Gardelegen einmal zu probieren“, berichtet die Klassenleiterin. Pachali wandte sich mit dem Vorschlag an Iris Lüders, Mitarbeiterin des Volkssolidaritätszentrums. Lüders stellte das Vorhaben den Mitgliedern vor. Nach kurzer Überlegungszeit fanden sich schließlich die genannten sechs Frauen, um – so lange wie erforderlich – als Leseomas zu fungieren. So lief das Projekt im zweiten Schulhalbjahr der ersten Klasse an.

Auch die sechs Leseomas, von denen die jüngste 58 Jahre und die älteste 80 Jahre alt ist, schwärmen von dem Projekt. „Es ist einfach toll, an etwas mitzuwirken, bei dem wirklich was Greifbares herauskommt“, meint etwa Birgit Bistrek. Und Karin Schlüsselburg fügt hinzu: „Man kann selbst die Fortschritte, die die Kinder machen, wahrnehmen. Das ist einfach ein gutes Gefühl.“ Vor allem jedoch eint die sechs Leseomas noch eine weitere tolle Erfahrung: Zwischen ihnen und ihren Lesekindern ist schnell ein persönliches, freundschaftliches Verhältnis entstanden. „Und das hat ganz sicher nichts damit zu tun, dass wir den Kindern natürlich öfter auch etwas mitbringen, zum Beispiel eine kleine Nascherei“, verrät Hannelore Lüpke lächelnd.

„Die meisten Leute, die von dem Projekt hören, denken erst einmal, dass wir den Schülern nur etwas vorlesen. Wenn wir dann berichten, dass die Kinder bei uns selbst lesen, ist die Überraschung oft groß“, sagt Bärbel Walter. Dunja Pachali ist beeindruckt, mit welchem Ernst die Damen der Volkssolidarität ihre Aufgabe sehen. „Auf die Lesomas ist absoluter Verlass. Jeden Dienstag, immer pünktlich, nehmen sie vor dem Klassenraum ihr persönliches Kind für das Lesetraining in Empfang. Wenn sie einmal nicht können, dann sagen sie rechtzeitig ab.“

Auch sonst seien es gerade die Leseomas, die die Patenschaft mit besonderem Leben erfüllen. „Nicht nur bei unseren regelmäßigen Treffen und den gemeinsames Ausflügen sind sie fast immer mit dabei, sondern auch bei Schulveranstaltungen – dort wo es möglich ist“, unterstreicht die Klassenleiterin.So waren die sechs Damen beispielsweise auch vor kurzem beim traditionellen Schulcrosslauf im Gardeleger Bürgerpark mit dabei, kümmerten sich um ihre Patenklasse – und drückten sicher ihren Leseschülern auch beim Laufen ganz besonders fest die Daumen.