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Sammelleidenschaft Zierliche Kränze in Grün und Silber

Friedrich-Wilhelm Gille sammelt Brautkränze aus der Altmark. Der Wiepker hat vor 31 Jahren seinen ersten Brautkranz erhalten.

Von Petra Hartmann 29.12.2016, 20:00

Wiepke l „Wir winden dir den Jungfernkranz ...“ Dieses Lied aus dem „Freischütz“ zitiert Friedrich-Wilhelm Gille gern, wenn er seine Sammlung präsentiert. Der 65-Jährige sammelt Brautkränze – ein, wie er selbst anmerkt, etwas kurioses Sammelobjekt für einen Mann, der schon seit 20 Jahren geschieden ist. Doch die Faszination des traditionellen Brautschmuckes ist ungebrochen und zieht auch Besucher schnell in seinen Bann, wenn Gille seine Schätze zeigt.

Angefangen hat alles vor 31 Jahren, als der Tiefbauingenieur die Wiepker Wassermühle erwarb. In dem Gebäude fand sich damals ein seltsames Kranzgebinde, mit dem der neue Besitzer zunächst nichts anfangen konnte. Es entpuppte sich später als der Kranz, den Caroline Reichwald am 20. März 1891 bei ihrer Trauung mit Gustav Reichwald getragen hatte, eine Erinnerung an die Eltern des letzten Müllers in der Wassermühle.

Als Gille das gute Stück gereinigt hatte, hängte er es auf, wodurch es die Blicke einer Bekannten auf sich zog: „Du, sowas haben wir auch noch zu Hause, kannst du haben“, hieß es, da waren es schon zwei. Das dritte Stück fand er bei einem Trödler, die Sammlung wuchs.

Inzwischen hat Gille schon 16 historische Brautkränze in seinem Besitz, einige sind Leihgaben, insgesamt 50 Kränze hat er in Augenschein nehmen und dokumentieren können. „Es geht mir nicht darum, dass ich ganz viele Brautkränze bekomme, sondern ich möchte sie dokumentieren“, betont der Wiepker, der an einem Aufsatz über die Brautkränze der Altmark arbeitet und gelegentlich Vorträge über das Thema hält.

Ein Myrtenkranz, der nach so langer Zeit noch grün ist? Die Kränze aus Gilles Sammlung bestehen aus „Posamenten-Myrte“, es handelt sich um künstliche Blätter und Blüten aus Wachstuch mit Farb-Überzug. „Es hat früher ganze Posamenten-Industrie in Sachsen gegeben“, hat Gille herausgefunden. Ein Erinnerungsstück an die Hochzeit, das ein Leben lang hielt und auch von Kindern und Enkeln aufgehoben werden konnte. „Damals gab es ja noch keine Hochzeitsfotografien, zumindest nicht auf den Dörfern“, erinnert Gille. Der dauerhafte Brautschmuck war nicht billig, aufbewahrt wurde er in zum Teil sehr aufwändig gestalteten Wandrahmen, oft mit Spiegeln und Ornamenten verziert. Und trotz der großen „Myrten-Industrie“: „Jeder Brautkranz ist individuell. Ich habe noch keinen einzigen Brautkranz gefunden, der doppelt war.“

Oft sind die Kränze in einem erbarmungswürdigen Zustand, wenn sie zur Wiepker Mühle kommen. „Posament-Myrten werden auf Draht gewickelt, Schwarzdraht, nicht verzinkt und nicht vernickelt. Der Draht rostet und wird schwarz“, hat Gille festgestellt, auch bei seiner neuesten Erwerbung.

Das neueste Stück in Gilles Sammlung ist etwas ganz besonderes: Ein Myrthenkranz mit versilberten Blättern und fein gestalteten Blüten. Er stammt aus Grünenwulsch, trägt die Aufschrift „Zum Andenken an den 18. November 1906“ und den Namen Borstel. Vermutlich war es ein Kranz, der bei einer Silberhochzeit getragen wurde. Es war kein schöner Anblick, als Gille ihn bekam. Vorsichtig zupfte er mit einer Pinzette die Spinnenweben von den Blättern und reinigte den Rahmen. Wenn es zum Deutschen Mühlentag am Pfingstmontag wieder eine Ausstellung der Brautkränze gibt, wird das neue Silberstück einen Ehrenplatz bekommen.