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Altmarkfestspiele Konzert mit Jasmin Tabatabai

Die Schauspielerin Jasmin Tabatabai singt und weint beim Open-Air-Jazz-Abend im Kalbenser Buchsbaumgarten.

Von Petra Hartmann 24.07.2017, 03:00

Kalbe l „Was sagt man zu den Menschen, wenn man traurig ist?“ Jasmin Tabatabai weiß es. Rauchig, bluesig, sinnlich hallt ihre Stimme über den Buchsbaumgarten am Schloss Goßler, ein Lied von Trauer und davon, dass man sie sich nicht anmerken lassen soll, lieber lächeln, fröhlich sein. Und doch liegt eine ungeheure Kraft in diesem Auftakt des Konzertes am Sonnabend in Kalbe.

Jasmin Tabatabai ist eigentlich bekannt und erfolgreich als Schauspielerin. Doch wer die markante Stimme in der hereinbrechenden Dunkelheit durch den Park hauchen hört oder die Sängerin beobachtet, wie sie unter den Tönen des Saxophons vibriert, spürt, dass sie genau in diese Musik hineinpasst und hineingehört. Oder, wie es David Klein, der sie vor fünf Jahren in die Welt des Jazz hinüberlockte: „Da fällt es selbst einem Schweizer schwer, neutral zu bleiben.“

Gänsehautmomente gab es bei „Wenn ein Mensch lebt“ von den Puhdys. „Da muss ich jedesmal weinen“, gestand Tabatabai. Berührend auch ein Lied, das sie aus ihrer alten Heimat, dem Iran, mitgebracht hat: „Gole Sangam – Die Blume aus Stein“. „Mein Vater liebte dieses Lied sehr. Ich sehe ihn noch, wie er auf der Terrasse saß, Radio hörte und weinte. Im Iran ist das normal, dass die Männer weinen. In Deutschland weinen die Männe ja nur beim Fußball.“

Aber Tabatabai beherrscht mehr als nur einen Tonfall. Brüllend komisch, chaotisch und doch absolut realistisch erzählte sie vom Alltag einer Mutter mit drei Kindern: Reinhardt Meys Ballade „Aller guten Dinge sind drei“, die vermutlich jede Mutter mitsingen und nickend bestätigen kann, scheint sich auch problemlos auf den Haushalt der Sängerin mit zwei Töchtern und einem Sohn (3, 8 und 14) übertragen zu lassen.

Mit „Nur das und nichts mehr“ von Hildegard Knef und „Je veux“ von Michel Sardou zeigte sie, dass sie auch auf dem Gebiet des Chansons zu Hause ist, und mit dem Traum von „Youkali“ von Bertolt Brecht und Kurt Weill entführte sie ihre Zuhörer in eine Utopie, in der sich ein jeder geachtet, geliebt und frei fühlen darf. Eine Utopie, die zuletzt zerplatze. Denn: „Es gibt ja gar kein Youkali“.

Verrucht und sinnlich wurde es zum Abschluss des Konzerts mit Kurt Tucholskys „Tamerlan“, bei dem die vier Mitglieder des Quartetts in ihren Soli allen Zuhörern, die es bis dahin nicht bemerkt haben sollten, noch einmal zeigten, was sie aus ihren Instrumenten herausholen können: „David Klein, der coolste Schweizer der Welt“ am Saxophon, Olaf Polziehn, der Schwabe „mit den goldenen Händen“ am Piano, Davide Petrocca, der Italiener, den einfach jede Band braucht und der vorher seinen Bass noch einmal extra poliert hatte, und der sympathische und humorvolle Bayer Peter Gall am Schlagzeug.

Mit einem humorvollen Schlaflied verabschiedete sich das Quintett dann schließlich auch nach rund drei Stunden in die warme Sommernacht. Das Publikum im Buchsbaumgarten hätte vermutlich auch noch bis weit nach Mitternacht sitzen und lauschen können. Und was die Traurigkeit angeht: Jasmin Tabatabai darf so traurig oder so fröhlich sein, wie sie will, sie trifft immer den richtigen Ton und darf alles sagen.