1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Fahrerflucht nach Park-Unfall

Amtsgericht Fahrerflucht nach Park-Unfall

Unfallflucht und Versicherungsbetrug warf die Staatsanwaltschaft einem Gardeleger vor. Nun stand der Mann vor Gericht.

Von Gesine Biermann 28.02.2017, 20:00

Gardelegen l Er soll einer jungen Frau das Auto kaputt gefahren haben und anschließend geflüchtet sein. Den Schaden an seinem Auto hatte er dann – laut Staatsanwaltschaft – in Wolfsburg selbst als Parkplatzunfall mit Unfallflucht angezeigt. Allerdings streitet der Gardeleger die Vorwürfe ab. Nun werden die Beweise wohl deutlich teurer.

Strafrichter Axel Bormann hatte ihm nicht nur eine goldene Brücken gebaut. Ein Geständnis war ihm dennoch nicht zu entlocken. Ja, er sei am 24. August des vergangenen Jahres in der Gardeleger Sparkasse gewesen, bestätigt der 53-jährige Gardeleger kürzlich vor dem Gardeleger Amtsgericht. Ja, er sei dann davor auf dem Parkplatz beim Ausparken zurückgestoßen. Aber nein, dabei habe er kein anderes Auto beschädigt. Und die Anzeige am nächsten Tag in Wolfsburg beruhe auf der „Tatsache“, dass ihm dort auf dem Parkplatz jemand sein Auto beschädigt habe.

Was kurz zuvor die Staatsanwältin vorlas, klang indes komplett anders: Demnach soll der Logistiker am Tattag sehr wohl bemerkt haben, dass er mit seinem Mitsubishi beim Rückwärtsfahren einen parkenden Opel Corsa touchiert hatte. Darüber soll er sich kurz danach sogar mit einem jungen Paar unterhalten haben.

Er habe dort keinen gesehen, versicherte der Angeklagte auf Nachfrage des Richters. Doch das ist eine Lüge, wie sich kurz darauf herausstellt.

Denn einer der Zeugen entpuppt sich als der Exfreund seiner Tochter. Und der erzählt dem Gericht, dass er mit der Tochter des Angeklagten an diesem Tag ebenfalls vor der Bank stand: „Er hat da für sie Geld abgeholt.“ Von einem Unfall will der junge Mann – der mittlerweile nicht mehr mit der Tochter des Beklagten zusammen ist – zwar nichts mitbekommen haben. Dass seine Freundin damals aber ganz plötzlich wieder aus dem Auto ausgestiegen sei und noch mit Vater diskutierte, daran kann er sich vor Gericht gut erinnern.

„Ich habe Sie vorhin gefragt, ob Sie mit jemandem gesprochen haben. Was soll ich Ihnen denn jetzt noch glauben?“, will Richter Bormann daraufhin zunächst einmal von dem Angeklagten wissen. „Warum haben Sie das nicht erzählt?“

Es seien „zwei schlimme Sachen, die Ihnen da vorgeworfen werden“, so Bormann. Eine mögliche Strafzumessung könne er als Angeklagter deshalb nur beeinflussen, wenn er seine Fehler ehrlich eingestehe.

„Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen“, entgegnet der Angeklagte achselzuckend. Er habe für seine Tochter Geld abgeholt. Er wisse nicht, was das mit dem Vorwurf zu tun habe.“

Glaubwürdig wirkt das indes offenbar weder auf den Richter noch auf die Staatsanwältin. Letztere wundert sich zudem noch über eine andere Aussage des Angeklagten. Der nämlich kann sich nach eigener Aussage detailliert daran erinnern, wo sein weinroter Mitsubishi und wo „der kleine rote Opel“ stand. „Wie oft fahren Sie zur Bank?“, will sie wissen. „Einmal wöchentlich“, antwortet der. Die Staatsanwältin daraufhin überrascht: „Und da wissen Sie noch, wo genau an diesem Tag welches Fahrzeug stand?“

Und auch eine weitere Zeugin stellt die Aussage des dreifachen Vaters auf der Anklagebank erheblich infrage. Die ältere Dame, die an diesem frühen Abend auf einer Bank nahe der Sparkasse saß, um auszuruhen, hatte nämlich – obwohl sie schon etwas schwer hört, wie sie im Gericht zugibt – den Zusammenstoß deutlich mitbekommen und bestätigte somit, dass es zur Tatzeit tatsächlich einen Unfall gab. „Es hat ja so laut gekracht, als ob jemand gegen eine Laterne gefahren ist“, sagt sie im Gericht aus. Sie sei dann zum Parkplatz gegangen und habe gesehen, dass ein Auto beschädigt war, und dass junge Leute offensichtlich darüber sprachen.

Wer die jungen Leuten waren und über was gesprochen wurde, darüber kann schließlich die Geschädigte Auskunft geben. Auch sie ist als Zeugin geladen und berichtet, wie sie an jenem Tag gemeinsam mit ihrer Mutter aus der Bank kam, ein Auto ungewöhnlich nahe an ihrem stehen sah, und dahinter ein Paar gestanden und diskutiert habe. Und zwar mit dem Fahrer des Autos, dass nur wenige Zentimeter neben ihrem stand. Sie habe dann gehört, dass die junge Frau zu dem Fahrer im Wagen sagte: „Da sind die Frauen, die zu dem Auto hier gehören.“ Der habe daraufhin die Hand an die Lippen gelegt – als Geste des Schweigens – und sei weggefahren.

An ihrem Fahrzeug angelangt, habe sie dann gesehen, dass die Stoßstange stark beschädigt war. Daraufhin habe sie das Paar, das noch davor stand, gefragt, was passiert sei. Die jungen Leute hätten zunächst geleugnet, dass überhaupt etwas geschehen ist, und behauptet, den Fahrer nicht zu kennen. Der junge Mann – der dann vor wenigen Tagen auch als Zeuge im Gericht sitzt – habe ihr aber schließlich seinen Ausweis gegeben, den sie spontan abfotografiert habe. Und die junge Frau hätte sogar plötzlich angeboten, den Schaden selbst zu bezahlen.

So detaillierte Schilderungen könne sich doch niemand ausdenken, hält der Richter dem Angeklagten vor. „Letzte Chance, junger Mann!“ Noch einmal rät Bormann ihm, die Unfallflucht einzugestehen. „Sonst werde ich einen Gutachter beauftragen, der sich die beiden Autos genau anschaut. Das kostet so ein- bis zweitausend Euro – und der Verlierer zahlt hier die Musik!“

Doch der Angeklagte schweigt.

Zur Fortsetzungsverhandlung soll nun ein Kfz-Sachverständiger gehört werden. Zwei neue Zeugen, darunter die Tochter des Angeklagten, werden ebenfalls geladen.