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Backhaus Sprechverbot für städtischen Verein

Ein Verein kämpft für das alte Backhaus in Gardelegen. Doch gegenüber dem Stadtrat soll er sein Anliegen nicht erneut vortragen dürfen.

Von Gesine Biermann 20.06.2016, 12:00

Gardelegen l Sie wollten während der heutigen Stadtratssitzung noch einmal für ihr Anliegen werben. Denn der Gardeleger Kultur- und Denkmalpflegeverein kämpft seit Monaten darum, dass das historische Hofgebäude des alten Hospitales, ein jahrhundertealtes Haus, nicht abgerissen wird. In einem kurzen Vortrag, den ein beauftragter Fachmann halten sollte, wollten die Mitglieder des Vereines noch einmal „auf die besonderen Aspekte des Denkmales hinweisen“ und für dessen Erhalt werben.

Doch dazu bekommt der städtische Verein nun keine Chance. Am Sonnabend erreichte Vereinsvorstand Jürgen Bajerski zu seinem Erstaunen nämlich die Ablehnung seiner Bitte. Für die Begründung wird das Kommunalverfassungsgesetz bemüht: „Das Back-und Bethaus“, heißt es in dem Schreiben von Stadtratschef Kai-Michael Neubüser, befinde sich schließlich nicht im Eigentum der Stadt, sondern gehöre der Hospitalstiftung zu Gardelegen. So sehe man keinen Anlass, den Verein zu Wort kommen zu lassen.

Auch die Einwohnerfragestunde könne nicht dazu genutzt werden, heißt es weiter in Neubüsers Schreiben, da das Thema keine „gemeindliche Angelegenheit“ sei. Zudem sei der Fachmann – für den Verein sprechen sollte der Stendaler Architekt Lutz Schwarzbrunn – ja kein Gardeleger. Noch vor gut einem halben Jahr war das umstrittene Gebäude allerdings schon „Angelegenheit der Stadt“. Die hatte da nämlich auf alle sonstigen rechtlichen Optionen, auch aufs Vorkaufsrecht, verzichtet.

Im Kaufvertrag, der der Volksstimme in Kopie vorliegt, hatte die Hospitalstiftung zu Gardelegen als Veräußerin des Großen Hospitals nämlich versichert, dass „ein Vorkaufsrecht (...) nicht besteht oder nicht ausgeübt wird.“ Am 15. Dezember 2014 hatte die Hospitalstiftung den gesamten Komplex Großes Hospital an die Gardeleger Wobau verkauft (wir berichteten mehrfach). Für einen Kaufpreis von einem Euro soll das Gebäude den Besitzer wechseln. Der Grund und Bodenwert ist mit 2099 Euro angegeben.

Der Kaufvertrag selbst beinhaltet zudem besondere Klauseln, über die sich die Stiftung bislang immer bedeckt hielt. So wird zum Beispiel der Kaufpreis erst fällig, wenn „... der Abriss des Backhauses vollzogen ist“, wobei die Abrisskosten dann aber von der Gardeleger Wobau als Käuferin getragen werden sollen. Die Notarin wird zudem angewiesen, „...die Eigentums- umschreibung erst dann vorzunehmen, wenn die Kaufpreiszahlung nachgewiesen ist.“ Solange also die untere Denkmalschutzbehörde des Kreises, die den Abriss des Backhauses genehmigen müsste, nicht reagiert hat, gehört das Große Hospital weiterhin der „armen“ Stiftung. Die hat auch den Abrissantrag gestellt.

Begründet wird dieser nämlich vor allem mit wirtschaftlichen Gründen. Die Stiftung könne den Ausbau des Backhauses finanziell nicht stemmen. In dem Antrag wird die Sanierung mit rund 650 000 Euro beziffert. Allerdings umfasst das Konzept auch alle Flächen des Fachwerkhauses, einschließlich des niedrigen Kellers und des noch nie ausgebauten Dachgeschosses. Eine Unsumme und auch unnötig, findet der Stendaler Architekt Lutz Schwarzbrunn, der den Denkmalpflegeverein fachlich unterstützt: „Es ist ja nicht nötig, Keller und Dach auszubauen, um das Haus zu erhalten“, sagt er auf Nachfrage der Volksstimme. Seiner Einschätzung nach könnte die Gesamtsumme bei 200 000 Euro liegen, wenn man Keller und Dach nicht komplett einbezieht.

Auch bei der Verzinsung der Baukosten rechnet man im Nachweis der Unwirtschaftlichkeit laut Schwarzbrunn offensichtlich mit nicht nachvollziehbaren Zahlen. Ausgegangen wird dort von vier Prozent Zinsen. „Komplett unrealistisch“, schätzt Schwarzbrunn ein. Schließlich sei ein KfW-Kredit derzeit für 0,75 Prozent zu haben, „es wird also praktisch mehr als die dreifache Belastung unterstellt“. In der heutigen Stadtratssitzung sollten all diese Zahlen und weitere Aspekte auf den Tisch und ein Angebot dazu: „Ich würde das Backhaus zur Not selbst kaufen und vermarkten“, wollte Schwarzbrunn heute Abend anbieten. Nun wird er das schriftlich tun.

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