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Blumenstrauß Voll ins Schwarze getroffen

Ronny Böhm hat mit seiner Leidenschaft, dem Bogenschießen, schon viele angesteckt. Dafür gibt's nun Blumen.

Von Gesine Biermann 13.08.2016, 03:00

Lindstedt l Es gibt wohl keinen Lindstedter, der ihn nicht kennt. Und das liegt nicht nur daran, dass Lindstedt ein kleines Dorf ist. Ronny Böhm ist dort geboren, eingeschult und zur Schule gegangen – „nur die Penne war dann in Gardelegen“. Mittlerweile hat Lindstedt keine Schule mehr. Böhm ist geblieben, hat hier gebaut, hier lebt seine Familie, hier schlägt sein Herz – und genau hier hat er vor etwa fünf Jahren seinen ersten Bogen gebaut.

„Das war so eine spontane Idee“, erinnert er sich. Dass das Teil kurz vor Fertigstellung durchbrach und er wütend alles in die Ecke schmiss, spornte ihn nur noch mehr an. „Das ist wie ein Fieber“, sagt er. Aufgeben kommt für ihn eben nicht in die Tüte. Wer ihn gut kennt, weiß das. Deshalb gibts für ihn kurz darauf ein besonderes Geschenk: Er bekommt einen zweitägigen Bogenbaukurs. Und einer der ersten Bögen, die er danach baut, ist wiederum sein Geschenk an einen Freund. Zu zweit schießen macht ja auch einfach mehr Spaß...

Mittlerweile schießen sie nun alle – oder zumindest fast. Aus der lockeren Truppe Bogenschützen ist die Sektion Bogenfreunde des SV Wacker Lindstedt geworden, die Böhm leitet. Aus dem anfänglichen Wettschießen unter Kumpels wurde der Kellerbusch-Cup – ein fantasievolles Turnier, bei dem auf künstliche, aber ziemlich echt wirkende lebens- oder übergroße Tiere in Wald und Feld angelegt wird – der Gleichgesinnte oder Neugierige sogar aus anderen Bundesländern nach Lindstedt holt. Und mittlerweile hängen mehr als 20 selbst gebaute Bögen in Ronny Böhms Werkstatt.

Nur, dass er momentan gar nicht mehr dazu kommt, selbst welche zu bauen. „Vergangenes Jahr war das erste, dass ich keinen gemacht habe“, sagt er ein bisschen wehmütig. Dafür hat Ronny Böhm aber anderen gezeigt, wie es geht, hat erklärt und vorgeführt, hat organisiert und animiert und hat viele Menschen für das Bogenschießen begeistert – junge und ganz junge Leute genau so wie ältere Semester.

Dass sein Freund Jörg Schulz demnächst wohl sogar einen Jugendleiter-Kurs machen wird, um die vielen Kinder, die mittlerweile das Bogenschießen lernen wollen, richtig zu betreuen – auch das ist aus Böhms Idee und seiner Leidenschaft entstanden. Alle hat der Lindstedter nämlich angesteckt. Hinter dem Sportplatz soll dann ein Wall weiter aufgeschüttet werden. „Das werden die Trainingsplätze für die Kids.“

Auch die Frauen greifen in Lindstedt mittlerweile zu Pfeil und Bogen – und nicht nur seine Frau, Anja Fiedler, ist mit Begeisterung dabei. Und wenn ein Turnier vorzubereiten ist, „dann steht ein ganzes Dorf dahinter“, freut sich Böhm. „Weil wir beim letzten Mal Parkplätze brauchten, hat einer der Bauern sein Maisfeld abgemäht, einer der Senioren im Dorf hat den Sportplatz planiert – und auch als Zuschauer kommen die Lindstedter gern.“ Manch einer probiert sich dann beim Neujahrs- oder Schnupperschießen auch gleich mal selbst als Bogenschütze aus. Schließlich geht es hier nicht um Rekorde, sondern ums Vergnügen. Zwar gibt es zum Beispiel beim Kellerbusch-Cup auch Pokale. „Was wir machen, ist aber traditionelles Bogenschießen, wir sind keine Sportschützen“, erinnert Böhm.

Sportlich ist allerdings die Menge an Arbeit, die das Hobby dem 38-Jährigen mittlerweile beschert. Auch wenn viele mithelfen, ein großer Teil der Organisation bleibt an ihm hängen. „Aber das ist mein Baby“, so sei das nun mal, sagt er lachend.

Und wenn er das sagt, glaubt man ihm jedes Wort. Auch, dass er sich ganz nebenbei noch im Ortschaftsrat engagiert – als Vizeortsbürgermeister – dass er Tischtennis spielt, Ersatzspieler beim Bowling ist und Mitglied im Verein historische Region Lindstedt, und – ach ja – hauptberuflich als Metallbaumeister arbeitet und Papa von zwei Mädchen ist.

Böhm hat eben so seine eigene Art „runterzukommen“. Wenn er nach einem langen Tag nach Hause kommt, geht er nämlich erstmal „eine halbe Stunde Bogenschießen.“ Dabei müsse man nicht denken, sagt er, nur zielen – und zwar mit Gefühl.