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Fasslom Ein Fest spaltet das Dorf

Seit Jahrzehnten ziehen sie im Frühjahr durchs Dorf, um die Wintergeister zu vertreiben. In diesem Jahr bleibt‘s still in Breitenfeld.

Von Gesine Biermann 29.02.2016, 20:00

Breitenfeld l Nicht hüt und morg‘n und auch nicht übermorg‘n – in diesem Jahr werden gar keine Eier gesammelt. Und auch kein Speck. Es werden keine Schleifen verteilt, nicht ein Schnäpschen getrunken, keine Autofahrer abkassiert und keine Wurstkrone geschmückt. Fasslom fällt aus. Zum letzten Mal war das in der Wendezeit passiert, damals war wohl so manches andere wichtiger. In diesem Jahr hat der Ausfall andere Gründe.

Die begannen im letzten Jahr beim Fasslom: Da „kippte die Stimmung des jahrhundertealten Festes in die negative Richtung“, beschreiben mit Christian Henneick, André Bothe und Martin Bolle drei der Hauptorganisatoren. Bei der Übergabe der Wurstkrone, die traditionell beim Ortschef abgeholt wird, habe Bernd Wießel „nur genörgelt und alles schlechtgemacht“. Außerdem habe er seine Parteifreunde eingeladen, „und die sollten dann auch noch gebührend begrüßt werden“, so Bothe, „die Stimmung war am Boden. Wir taten nur noch unserer Pflicht.“

Solche Vorwürfe der Stüber will Wießel indes so nicht stehen lassen. Es sei von jeher üblich gewesen, dass der Übergeber der Wurstkrone sagen dürfe, „was gut und was schlecht gelaufen ist beim Fasslom“, versichert er auf Volksstimme-Nachfrage. Nur diesmal hätten sich einige da offenbar auf den Schlips getreten gefühlt. Ebenfalls üblich sei es immer gewesen, Gäste einzuladen. So sei Landrat Michael Ziche (CDU) seiner Einladung ebenso gern gefolgt, wie auch mal Gardelegens Bürgermeister Konrad Fuchs (SPD). Und im vergangenen Jahr sei ohnehin niemand da gewesen.

Dem allerdings widerspricht André Bothe: „Herr Neubüser war da“, sagt er. Nicht abwegig – die Bürgermeisterwahlen standen damals vor der Tür, und der CDU-Mann Kai-Michael Neubüser kandidierte. Dass Wießel „dieses schöne Dorffest zu seiner eigenen politischen Sache machen wollte“, hätte die Organisatoren so geärgert, dass sie damals offiziell ihr Amt niedergelegt hätten. Und ärgerlich seien sie nun vor wenigen Tagen gleich noch einmal gewesen, so Bothe. Da habe man in der Volksstimme gelesen, „wir wären gefragt worden, ob wir in diesem Jahr Fasslom organisieren werden, und hätten das abgelehnt.“ Und das sei eindeutig eine Verdrehung der Tatsachen.

Bernd Wießel indes kann sich an Ärger beim jüngsten Fasslomfest gar nicht entsinnen: „Da ist gar nichts Schlimmes passiert.“ Allerdings habe er in den vergangenen Jahren mehr und mehr gemerkt, dass „das, was Fasslom ausgemacht hat, das Herzblut, irgendwie gefehlt hat. Und wenn das fehlt, sinkt einfach das Niveau.“ Dabei hatten einst fast alle Breitenfelder Spaß an dem Spektakel. Noch vor wenigen Jahren platzte der Gemeinderaum beim abendlichen Schleifenabtanzen aus allen Nähten.

Beim letzten Mal waren nur noch wenige gekommen. Offenbar spüren die Dorfbewohner den Streit. Breitenfeld sei „ein kleines verkrachtes Dorf mit lauter Grüppchen“. Es seien „immer wieder dieselben“, die sich engagiert hätten, schätzt André Bothe ein – und liegt damit, ohne es zu ahnen, nahe an der Einschätzung der Gegenpartei. Wießel sieht das Fest mittlerweile als „Familiengeschichte“, weil sich einige Familien wirklich immer besonders einbrachten.

Und noch eines eint die Streitenden: Allen nämlich tut es leid um ihr Fest. Wießel hofft, dass es irgendwann weitergeht, Bothe und seine Mitstreiter hoffen, dass sich „Nachfolger finden. Wir würden die auch unterstützen!“