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Flüchtlinge Sehnsucht nach Sicherheit

Familie Wardaki/Azizi wünscht sich für 2017 vor allem eines: Die Sicherheit in Deutschland - in Gardelegen - bleiben zu dürfen.

Von Ilka Marten 31.12.2016, 02:00

Gardelegen l Sie toben durch die Wohnung, naschen von der geschenkten Schokolade und spielen mit ihren zwei neuen Kuscheltieren. Ganz fröhlich sind Benjamin (5) und Jusemin (3). Seit wenigen Tagen leben die Geschwister aus Afghanistan mit ihren Eltern, Mama Sarmina Azizi (28) und Papa Arzizkhan Wardaki (28), wieder in Gardelegen.

Fünf Tage lebten sie schon einmal dort, nachdem sie am 10. September 2015 mit einem Bus von Halberstadt in die Gardeleger Flüchtlingsunterkunft an der Philipp-Müller-Straße gebracht wurden.

Damals waren Benjamin und seine kleine Schwester völlig verängstigt und eingeschüchtert nach wochenlanger Flucht. Über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Ungarn Österreich führte der Weg der Familie zunächst nach Passau, wo die vier eine Woche in Zelten campieren mussten.

Arzizkhan Wardaki setzt große Hoffnungen auf seinen zweiten Neuanfang in Gardelegen. Hoffnung auf einen Deutschkurs, Hoffnung auf Arbeit, auf eine deutsche Fahrerlaubnis – und vor allem Hoffnung auf ein Leben seiner Familie in Sicherheit. Denn auch nach 15 Monaten steht noch immer nicht fest, dass die Familie, die aus der Nähe von Kunduz stammt, in Deutschland bleiben darf. Angehört wurden sie schon.

Nach fünf Tagen im September in Gardelegen zog die Familie nach Mieste um. Benjamin, der inzwischen auch schon in deutscher Sprache drauflos plappert, ging in Mieste seit einigen Monaten in den Kindergarten. Auch in Gardelegen wird er nach den Weihnachtsferien eine Kita besuchen, 2017 soll er eingeschult werden. Manchmal erzähle Benjamin noch von den Ereignissen der Flucht der Familie, Jusemin wisse davon nichts mehr, erzählt der Vater.

Keine ganz einfache Zeit sei das Jahr in Mieste gewesen, sagt Arzizkhan Wardaki. Deswegen habe er gedrängt, mit seiner Familie nach Gardelegen ziehen zu können: „Hier sind viele Menschen, die uns helfen können, viele Leute, mit denen wir Deutsch sprechen können und hoffentlich klappt es mit einem Deutschkurs.“ Der junge Familienvater spricht schon gut Deutsch, obwohl er noch keinen Kurs belegen konnte. „Ich habe es mir selbst beigebracht und durch den Kontakt mit Freunden.“ In Mieste spielte Wardaki mit im Fußballverein und auch beim Volleyball. Sein Fazit nach 15 Monaten in Deutschland: „Viele Menschen sind gut zu uns.“ Schlechte Erfahrungen habe er bisher nicht gemacht.

Und er möchte mit seiner Familie in Gardelegen bleiben, wenn sie denn alle vier bleiben dürfen. Seine größter Wunsch: „Eine sichere Bleibe, nicht immer auf dem Sprung zu sein.“ Nur zu gern würde der Familienvater, der in Afghanistan als Bauarbeiter tätigt war, arbeiten gehen, doch dafür braucht er einen Deutschkurs: „15 Monate nur zu Hause zu sein, ist nicht gesund.“ Kontakt hat Arzizkhan Wardaki noch zu seiner Familie in Afghanistan. Sein Vater lebt dort, seine jüngere Schwester (16) geht dort zu Schule. „Sie müssen immer wieder weg, die Lage dort ist nicht gut.“

Silvester werden sie zu Hause in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung in Gardelegen verbringen, den eigentlichen Jahreswechsel feiert die Familie am 21. März, wo nach islamischer Zeitrechnung das Jahr 1396 beginnt. Arzizkhan Wardaki hofft auf ein gutes Jahr 2017, hofft auf eine endgültige Zukunft mit seiner Familie in Gardelegen.