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Frauenhaus Gardelegen zahlt 650 Euro

Die Arbeit des Salzwedeler Frauenhaues war Thema im Gardeleger Sozialausschuss. Die Zukunft der Einrichtung ist ungewiss.

Von Ilka Marten 07.12.2016, 20:00

Gardelegen l Das Salzwedeler Frauenhaus ist seit 25 Jahren das einzige im gesamten Altmarkkreis. Vier Plätze für vier Frauen mit Kindern stehen in Salzwedel zur Verfügung. Wenn vier Frauen mit jeweils mehreren Kindern kommen, „sind wir schnell mal bei 12 oder 13 Kindern“, berichtete Sabine Rönnefahrt, Vorsitzende des Trägervereines. Mitarbeiterin Uschi Binde – eine von zwei 30-Stunden-Kräften – schilderte, „dass die Frauen ohne Kleidung, ohne Essen kommen“. Sie hätten meist keine Papiere, kein Geld, nichts dabei, denn es sei fast immer eine Flucht von Zuhause. Die Flucht vor gewalttätigen Ehemännern und Partnern. Und das betreffe alle Gesellschaftsschichten – vom Hartz-IV-Empfänger bis zum Arzt.

Im Schnitt bleiben die Frauen 56 bis 60 Tage, in ganz seltenen Fällen auch bis zu einem Jahr. Bis dahin versuchen die zwei Mitarbeiterinnen ihnen zu helfen: bei der Wohnungssuche und Organisation von Papieren. Ins Salzwedeler Frauenhaus haben Männer keinen Zutritt.

Zugenommen habe die Beratung außerhalb des Hauses, berichtete Binde: „Wenn Männer Ärzte oder Lehrer sind, wollen die Frauen zur Beratung manchmal nicht ins Frauenhaus kommen.“ Und bei den Beratungsanfragen außer Haus „sind sehr, sehr viele aus Gardelegen“, sagte Binde. Konkrete Fallzahlen aus Gardelegen nannte sie jedoch nicht.

Welche krassen Fälle sie haben, schilderte die Mitarbeiterin nur im Ansatz. Einmal hätte das Haus eine 38-Jährige aufgenommen, die über einen längeren Zeitraum eingesperrt und vernachlässigt worden sei. Binde: „Wir dachten zuerst, sie ist 60 Jahre alt, so wie sie aussah.“ Im Frauenhaus müssten alle Frauen, die Hilfe suchen, aufgenommen werden – „egal ob aus Stuttgart oder Gardelegen“. Wenn Frauen aus weit entfernten Regionen stammen, kommen sie manchmal mit Polizeischutz, „wenn man sie vor Ort nicht mehr schützen kann“, so Binde. Und sie fügte hinzu: „Das ist dann eine andere Dimension.“ Aber sie betonte: „Wir nehmen keine obdachlosen Frauen auf.“

Allein in diesem Jahr konnten die zwei Mitarbeiterinnen 16 Frauen nicht aufnehmen, weil die Plätze belegt waren. „Wir verweisen dann nach Stendal oder nach Niedersachsen. Aber viele Frauen verlassen nicht gern ihren Umkreis“, sagte Uschi Binde.

Und: Die Anfragen hätte in der jüngsten Vergangenheit wieder zugenommen, berichtete Binde. Seit diesem Jahr würden 50 Prozent der Frauen aus den verschiedensten Ländern kommen. Binde: „Da sind wirklich schwere Fälle aus Ländern, wo Männer das Sagen haben.“ 90 Prozent der Frauen, die das Frauenhaus verlassen, würden nicht zum Partner zurückkehren.

Sorgen bereitet den beiden Frauen die Finanzierung der Einrichtung – übrigens eine freiwillige Leistung der Stadt Salzwedel. In Salzwedel wird derzeit geprüft, den Zuschuss zu verringern. Die Stadt hat bisher mit 15 000 Euro pro Jahr unterstützt, hat jedoch zurzeit eine extrem problematische Finanzlage. Das Land übernimmt die Personalkosten für die zwei 30-Stunden-Kräfte. Der Altmarkkreis finanziert 12 000 Euro. Die Stadt Gardelegen überwies 2016 einen Zuschuss von 650 Euro, Klötze 800 Euro, Kalbe 300 Euro, Beetzendorf-Diesdorf 250 Euro. Nun soll es nach Volksstimme-Informationen einen Vorschlag zur altmarkweiten Finanzierung der Einrichtung geben.

Bürgermeisterin Mandy Zepig teilte auf Anfrage mit, „dass wir im Sozialausschuss sicherlich noch einmal über die Höhe unseres Zuschusses sprechen werden“.