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Gericht 80-jährige als Hausfriedensbrecherin

Hausfriedensbruch in der Bundeswehr-Übungsstadt "Schnöggersburg" warf die Staatsanwaltschaft einer 80-jährigen Friedensaktivistin vor.

Von Petra Hartmann 07.04.2018, 03:00

Gardelegen l Ein „Mini-Vergehen“ habe sie begangen. Geplant und mit dem Vorsatz, erwischt und angeklagt zu werden. Das hatte die 80-jährige Friedejnsaktivistin Ingrid Fröhlich-Groddeck bereits am ersten Verhandlungstag in der vergangenen Woche unumwunden klargestellt. Der Fortsetzungstermin am Freitag war nötig, da sie mit dem Verlesen ihrer gut 20-seitigen Stellungnahme am ersten Tag nicht fertig geworden war. Es fehlten noch rund fünf Seiten, die Fröhlich-Groddeck nun vortrug.

Die in Castorp im heutigen Tschechien geborene Stendalerin protestierte in ihrem Plädoyer gegen den Einsatz von Uran-Munition sowie gegen Neoliberalismus, Faschismus und Krieg, die in ihren Augen ein eng zusammengehöriges „unheilvolles Trio“ bilden. Sie bezeichnete sich selbst als einen Menschen, der Recht und Gesetz achte und für wichtig halte als Grundlage des menschlichen Zusammenlebens. Für ihren Hausfriedensbruch habe sie jedoch „gewichtige Gründe“: „Ich habe eine gewaltfreie Tat begangen, um die ständig drohendere Kriegsgefahr von mir und anderen abzuwenden“, betonte sie. Sie berief sich für ihre Tat auf den Artikel 34 des Strafgesetzbuches, demzufolge ein rechtfertigender Notstand vorgelegen habe. „Die Gefahr ist groß, und die Macht der Brandstifter dahinter ist gigantisch“, sagte sie, „mit so genannten legalen Mitteln sind die Gefahren nicht abzuwenden.“ Es sei demnach notwendig gewesen, „kleinste Delikte zu begehen, um auf schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufmerksam zu machen.“

Richter Axel Bormann machte deutlich, dass er keine Lust hatte, sie zu verurteilen. „Sie haben doch alles erreicht, was Sie wollten“, meinte er. Die Rentnerin habe ein Podium gehabt, habe viel öffentliche Wahrnehmung erhalten, ihre Argumentation vortragen können. Die Angeklagte habe keine Vorstrafen, sei auch bereits 80 Jahre alt. „Ich würde mich freuen, wenn ich das Verfahren einstellen könnte“, schlug er vor. Aber dazu war die Friedensaktivistin nicht bereit. „Habe ich richtig verstanden? Sie wollen das Verfahren einstellen?“, fragte die Rentnerin empört, „also, da fühle ich mich wirklich nicht ernst genommen. Ich will, dass die Verhältnisse sich ändern.“ Richter Bormann verurteilte sie daher zur Zahlung von zehn Tagessätzen à 40 Euro. Sie muss auch die Kosten des Verfahrens tragen. Mit dem Ostermarsch am Montag für den Frieden habe die Bürgerinitiative legal protestiert und Flagge gezeigt, das sei das richtige Mittel, für den Frieden einzutreten, sagte er. Aber Hausfriedensbruch sei nicht gerechtfertigt, man setze sich damit ins Unrecht.