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Haarspende Zopf ab für einen guten Zweck

Franziska Wölkert aus Gardelegen hat sich getraut. Mutter Andrea sucht weitere Mutige, die ihre Haare spenden um Krebskranken zu helfen.

Von Anke Kohl 24.07.2016, 03:00

Gardelegen l Skeptisch ist ihr Blick in den Spiegel, als Friseurmeister Fritz Henning Schröder mit dem Kamm durch die langen Haare streicht. „Ja, ein bischen Spliss ist da, aber nicht schlimm. Wichtig ist dass wir die Haare gleichmäßig und auf einer Länge abschneiden“, sagt der Fachmann. Andrea und Franziska Wölkert haben sich entschieden, ihre langen dunklen Haar abschneiden zu lassen und dem Verein Haarschnitt mit Herz e.V. zu spenden. Sekunden später ist Franziskas Zopf ab und Minuten später hat sie einen flotten Bob, den Schröder schick in Form gebracht hat.

Der Verein Haarschnitt mit Herz mit Sitz in Herzogenrath leistet ganz „praktische Betroffenenarbeit“, wie die Vorsitzende Angelika Körfer erklärt. „Das Problem ist nämlich, dass Frauen wie Männer nach einer Krebserkrankung und Chemotherapie zwar eine Menge medizinischer Ansprechpartner haben, nur dass die sich nicht in die Menschen vor ihnen hineinversetzen können“, beschreibt Körfer den Alltag von Chemotherapiepatienten. In erster Linie seien es die Gespräche, die Betroffenen helfen. Doch der Verein finanziert, beziehungsweise unterstützt auch die nötigen Zuzahlungen für qualitativ höherwertiges Zweithaar. Denn unter dem Verlust der Haare leiden wohl alle Patienten.

Angelika Körfer erzählt von einer jungen Frau aus Aachen, die eine Chemotherapie wegen der vielen negativen Folgen und Begleiterscheinungen ablehnte. Die Ärzte des Krankenhauses seien daher mit der Bitte an ihre ehemalige Patientin herangetreten, mit der jungen Mutter zu sprechen. Aus diesem Erlebten heraus sei der Verein entstanden, erzählt Angelika Körfer. Und seither sammelt der Verein „Haarschnitt mit Herz“ Haarspenden, schickt sie in Mengen an einen Perückenmacher, der dem Verein dafür eine Gutschrift in Höhe des Wertes der Haare erteilt.

Der rund 70 Zentimeter lange Zopf von Franziska Wölkert liegt noch wohl aufbewahrt zuhause in einer Schublade. Der von ihrer Mutter Andrea wird demnächst hinzukommen. Doch die beiden Gardelegerinnen wünschen sich mehr. Mehr Haare als Spenden, um sie dem Verein zuzuschicken.

Und Friseurmeister Fritz Henning Schröder hilft dabei. Er schneidet in der dritten und vierten Augustwoche, also vom 15. bis 26. August, allen, die mitmachen möchten, kostenlos den Zopf ab und schneidet die verbliebenen Haare zu einer flotten Frisur. „Franziska hat überall nur Komplimente bekommen, als sie plötzlich mit den kurzen Haaren kam“, erzählt ihre Mutter.

Betroffene und Angehörige aus ganz Deutschland wenden sich an den Verein, der via Internet, Telefon, E-Mail und Facebook zu erreichen ist, erzählt Vereinsgründerin Angelika Körfer. Es seien vor allem die Gespräche, die den Patientinnen helfen würden. „Da sitzt jemand vor ihnen, der sie versteht, der ihre Situation genau kennt“, sagt sie. Kein verklausulierter medizinischer Fachjargon, sondern echtes Verständnis.

Ähnlich einfach ist es, vom Verein eine Unterstützung für die teure Perücke zu bekommen. „Wir schicken den Betroffenen einen Antrag zu, den füllen sie aus, und wir prüfen innerhalb von 24 Stunden den Kassenstand des Vereines, und dann geht sofort eine Mitteilung raus über unsere finanziellen Möglichkeiten, die Zuzahlung durch den Patienten so gering wie möglich zu halten“, erklärt Körfer das Procedere. Das Geld wird dann an das vom Patienten beauftragte Haarstudio überwiesen.