Interview Entscheidung ohne Not

Architekt Lutz Schwarzbrunn erläutert seine Pläne für das Back- und Bethaus. Er will das Gebäude kaufen.

Von Gesine Biermann 25.09.2016, 03:00

Volksstimme: Herr Schwarzbrunn, Sie haben gegenüber dem Stiftungsrat Ihr Kaufangebot von Mitte Juni nun persönlich bekräftigt. Sie wollen das Haus also tatsächlich privat kaufen, es auf Ihre Kosten sanieren?

Schwarzbrunn: Ja natürlich, ich stehe zu meinem Angebot, die Stiftung in dieser Sache zu unterstützen. Am 5. September hatte ich Gelegenheit, das optimierte Planungskonzept vorzustellen. Anhand einer Gegenüberstellung zu den Planungen im Abbruchantrag habe ich die mögliche Kostenersparnis anschaulich erläutert. Die Wegnahme des Gebäudes würde den nächsten Teil dieser Hospitalgeschichte verschwinden lassen.

 

Volksstimme: Sie haben den Stiftungsratsmitgliedern sicher auch erläutert, was Sie planen?

Schwarzbrunn: Ich habe deutlich dargestellt, wie die Gesamtkosten reduziert werden können, und zwar bei Verwendung des gleichen Quadratmeter-Kostenansatzes. Ich habe erläutert, dass zum Beispiel mit dem Verzicht auf einen Maximal-Ausbau des Dachgeschosses, mit der Kapselung des Aufgangsbereiches, dem Verzicht auf eine Verbindung der Kellerbereiche und der Beibehaltung der vorhandenen Raumfassung eine Sanierung für maximal 200 000 Euro möglich ist.

Volksstimme: Im Abrissantrag der Hospitalstiftung an die Untere Denkmalschutzbehörde waren aber höhere Kosten angegeben.

Schwarzbrunn: Deutlich höhere. Dort wird die Sanierung mit rund 650 000 Euro beziffert. Es sollte sicher nachweisen, dass der Stiftung ein Erhalt nicht ohne großen finanziellen Aufwand möglich ist. Allerdings werden in der Kalkulation alle Flächen des Fachwerkhauses einbezogen, was aber völlig unnötig ist, um das Haus zu erhalten. Ich verstehe außerdem nicht, warum die Wohnungsbaugesellschaft (Wobau) nicht die Möglichkeiten der steuerlichen Abschreibungen nutzen will. Mit der Ersparnis der Abrisskosten von 32 000 Euro und steuerlichen Abschreibungen in Höhe von rund 60 000 Euro ist eine kaufmännisch sichere Lösung möglich.

Volksstimme: Wenn Sie das Haus saniert haben – gesetzt den Fall, Ihr Kaufantrag wird bewilligt, was wollen Sie dann damit anfangen?

Schwarzbrunn: Bei einem positiven Bescheid würde ich das Dach innerhalb der nächsten sieben Tage abdichten lassen. Geplant haben wir einen neutralen Ausbau. Das Gebäude könnte dann zu Wohnzwecken oder auch als Büro genutzt werden. Um den Kapitaldienst zu stemmen, sprich, um das Haus gegenzufinanzieren, würde man eine Kaltmiete von 450 bis 500 Euro benötigen. Ich denke, das müsste bei 127 Quadratmetern problemlos möglich sein.

Volksstimme: Mieter haben Sie aber noch nicht in Aussicht?

Schwarzbrunn: Die gleiche Frage haben mir die Mitglieder des Stiftungsrates auch gestellt. Ganz ehrlich: Wir bauen seit Anfang der 1990-er Jahre Häuser aus, auch für uns selbst, als Alterssicherung. Ich bin kein Anfänger. Ich bin seit 37 Jahren mit allen Aspekten einer Projektentwicklung vertraut und verdiene damit Geld. Ich bin sicher, dass ich Mieter haben werde, sobald zu sehen ist, in welcher Qualität das Haus ausgebaut ist.

Volksstimme: Sie haben also keine Angst vor den Kosten, die so ein Denkmal verursacht?

Schwarzbrunn: Nein, ich werde Geld damit verdienen.

Volksstimme: Was hatten Sie für einen Eindruck bei Ihrer Präsentation? Wie stehen die Stiftungsratsmitglieder Ihrem Angebot gegenüber? Gab es Bedenken, oder wurde Ihr Vorschlag positiv aufgenommen?

Schwarzbrunn: Ich bin großer Skepsis begegnet, das ist aber natürlich. So befürchtet der Stiftungsrat offenbar, dass die Wobau dann ganz vom Kaufvertrag abspringt, wenn ich das Backhaus saniere, was ich aber für sehr unwahrscheinlich halte, weil die Wobau ja bereits geschätzte 700 000 Euro in den Flügel an der Bahnhofstraße investiert hat, ohne Eigentümerin zu sein. Ich wurde aber auch gefragt, ob ich nicht den Flügel an der Philipp-Müller-Straße gleich mit dazu nehmen will oder wie die Teilung des Grundstückes erfolgen soll.

Volksstimme: Aber ist das Thema Helikoptergrundstück, also ein Grundstück inmitten eines anderen, ohne Zuwegung, nicht tatsächlich ein Problem?

Schwarzbrunn: Natürlich ist eine Grundstücks- teilung möglich. Und ganz ehrlich: Wer so einen speziellen Kaufvertrag hinbekommt, mit dem müsste man auch dieses Problem lösen können, allerdings nur, wenn der Wille dazu da ist.

Volksstimme: Bislang liegt von der Unteren Denkmalschutzbehörde ja noch keine Entscheidung über den Abriss vor. Das sei unter anderem der Tatsache geschuldet, dass Unterlagen nachgefordert werden mussten, heißt es aus der Behörde. Gehen Sie davon aus, dass Ihr Kaufangebot die Entscheidung dahingehend beeinflusst, dass das Backhaus nicht abgerissen werden darf?

Schwarzbrunn: Eigentlich gibt es nun gar keine Gründe mehr, die für den Abriss oder eine Umsetzung des Gebäudes sprechen. Finanziell geht das auf – mein Angebot für die Sanierung als Festpreis würde unser Büro übrigens auch der Wobau garantieren, selbst wenn diese Eigentümerin bliebe. Anders als in Stendal hat die Wobau in Gardelegen immer geholfen, Problemgrundstücke zu sanieren. Das ist wirklich bemerkenswert. Ich habe der Stiftung in diesem Sinne eine Brücke gebaut und hoffe, dass sie diese als solche versteht. Ich befürchte allerdings, dass die Stiftung selbst gar nicht bereit dazu ist, diesen Weg zu gehen. Schon die Aufforderung an die Bürger, Ideen für den Erhalt einzureichen, war in meinen Augen ein Fake.

Volksstimme: Und wenn der Abriss doch genehmigt wird?

Schwarzbrunn: Ich hoffe nicht, dass im Landkreis eine Entscheidung getroffen wird, wie sie vor einiger Zeit für das Trüstedtsche Haus fiel, denn die Gefahr besteht hier nicht, es wäre eine Entscheidung ohne Not. Momentan besteht die Gefahr, dass die Beteiligten irgendwo im Wort stehen, frühere Entscheidungen durchzutragen. Deswegen habe ich mich in der Sache an das Landesverwaltungsamt gewandt. Die Abwicklung dieser Angelegenheit scheint mir in vielen Aspekten eine rechtliche Gratwanderung zu sein. Falls trotz der Alternativen ein Abbruch oder eine Umsetzung durchgedrückt wird, müsste man sicher über eine dienstrechtliche Überprüfung des Gesamtvorgangs nachdenken.