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Kokainhandel Panzerfahrer als Drogendealer

30 Gramm Kokain im Wert von 1300 Euro im Besitz eines Soldaten: Einen Teil wollte er im Gefechtsübungszentrum bei Gardelegen verkaufen.

Von Gesine Biermann 23.02.2018, 20:00

Gardelegen l Nein, wie ein Drogendealer wirkt der gepflegte junge Mann so gar nicht, der da vor wenigen Tagen auf der Anklagebank des Gardeleger Amtsgerichtes sitzt. Offensichtlich ist er auch extrem nervös. Grund genug dafür hat er. Denn für ihn geht es um seine Freiheit.

Im März des vergangenen Jahres wurden im Spind des Panzerfahrers in der Altmark-Kaserne mehrere Ampullen Kokain gefunden. Privat, in seiner Wohnung in Halle, lag der Rest. Insgesamt fast 30 Gramm reine Drogen. Die hatte er sich in der Hoffnung besorgt, mit dem Erlös seine Schulden tilgen zu können. Ein teures Auto, ein hochwertiges Motorrad waren abzuzahlen. Und dafür reichte der Sold des Zeitsoldaten offenbar nicht. „Ich hatte meine Finanzen irgendwann nicht mehr im Auge“, gibt der kleinlaut zu. Und so sei er auf die „sehr dumme Idee“ gekommen, sich etwas dazuzuverdienen.

Den Tipp gibt‘s gratis von einem Stubenkameraden, einem gebürtigen Tchetchenen. Und bei diesem zu Hause, in Berlin, kommt es schließlich auch zum Kontakt mit der einschlägigen Szene. Ein Beutel wechselt den Besitzer. Den nimmt der Angeklagte zunächst mit in seine Wohnung, streckt die Droge dort auf Anraten seines drogenerfahrenen Stubenkameraden mit Koffein, verpackt sie in kleine Ampullen und nimmt einige davon mit. Denn die Kunden hat er schon im Auge: Offenbar gibt es nämlich unter den Bundeswehrsoldaten in Letzlingen zu dieser Zeit etliche, die Drogen konsumieren.

Einer von ihnen ein junger Richtschütze, soll die Mischung allerdings erstmal testen: „Ich wusste von ihm, dass er so was nimmt“, erzählt der Ex-Soldat. Für lau bekommt der Kamerad deshalb die erste Ampulle ... Wenige Tage später ist der Angeklagte dann allerdings seine komplette Ware los. Durch einen Zufall war alles aufgeflogen. Mehrere Soldaten werden damals in der Kaserne festgenommen. Aber vielleicht war das ja das große Glück für den jungen Soldaten. Denn bis dahin hatte er noch keinen Gewinn mit den Drogen erzielt. Ein Punkt den ihm die Staatsanwaltschaft und auch das Schöffengericht schließlich zugute halten, ebenso wie sein umfassendes Geständnis, seine strafrechtlich weiße Weste und seine wirklich ehrliche Reue.

Was ihn am Ende davor rettet, dass er die Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten nicht antreten muss, ist indes noch ein anderer Punkt. Denn der Hallenser spielt, nachdem er aufgeflogen ist, von Anfang an mit offenen Karten, kooperiert mit der Polizei, stellt sogar sein Navi zur Auswertung zur Verfügung.

„Auch wenn hier ein Verbrechen dahinter steckt: Ich habe in meiner Laufbahn noch nie so einen Angeklagten erlebt“, betont Strafrichter Axel Bormann dann auch in seiner Urteilsbegründung – nach der der Angeklagte, angesichts der verkündeten Bewährung sichtlich erleichtert wirkt.

Die Geschichte dahinter lässt aber selbst den langjährigen Richter immer wieder mit dem Kopf schütteln: „Ein Richtschütze unter Drogen, ein Panzerfahrer als Drogendealer und hinten drauf ein Grenadier, der auch unter Drogen steht?“ Das möge er sich gar nicht vorstellen, sagt Bormann. Aber zum damaligen Zeitpunkt sei es offenbar „ein offenes Geheimnis gewesen, dass man in der Kaserne auch Drogen bekommen kann.“

Ein harter Vorwurf, auf den man im Gefechtsübungszentrum indes sehr deutlich reagiert hat. Der Angeklagte wurde unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen.

Zwar seien die „kriminellen Machenschaften im März 2017 Einzelfälle, die zudem ihre gerechte Strafe erhielten", betont Pressesoffizier Oberleutnant Alexander Helle auf Nachfrage der Volksstimme. Dennoch zog der Drogenfund auch im Letzlinger Gefechtsübungszentrum Konsequenzen nach sich. „Seit dem Vorfall im März 2017 sind die Vorgesetzten sensibilisiert", versichert Helle. Die Soldaten seien erneut zum Thema Betäubungsmittel und Drogen belehrt worden. Und auch andere Verfehlungen, zum Beispiel Dienstunfähigkeit nach übermäßigem Alkoholkonsum, würden noch härter bestraft. „Mit Erfolg", erklärt Helle. Denn seitdem seien Verfehlungen zurückgegangen.

„Nach Bekanntwerden der Anschuldigungen und Abschluss der Durchsuchungen durch die Polizei wurden am 31. März 2017 die disziplinarischen Ermittlungen in allen Verdachtsmomenten aufgenommen", so Helle weiter. Da diese sich bestätigt hätten, seien die Hauptverdächtigen fristlos entlassen worden, gegen einen weiteren Mittäter wurde ein truppendienstliches Verfahren eingeleitet. Strafen für Soldaten könnten unter anderem ein Verweis, ein strenger Verweis, Geldbußen, Ausgangsbeschränkung oder Disziplinararrest sein.

Generell gelte für Soldaten: Keine illegalen Drogen im und außerhalb des Dienstes. „Eine Belehrung findet unmittelbar nach Eintritt in die Bundeswehr statt", so Helle. Ein Verstoß führe innerhalb der ersten vier Dienstjahre generell zur Entlassung.