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Lehrermangel Zweite Fremdsprache auf der Kippe

Ob Siebtklässler am Gardeleger Gymnasium bei der zweiten Fremdsprache eine Wahl haben, hängt an einer einzigen Stellenausschreibung.

Von Gesine Biermann 05.05.2017, 01:01

Gardelegen l Auch die Oberstufe bangt um ihre Sprachstunden. Schüler und Eltern wandten sich mit ihren Sorgen nun ans Land und informierten darüber auch im Sozialausschuss.Sie machen sich Sorgen um ihre Noten, befürchten gar einen schlechteren Durchschnitt beim Abitur. Grund dafür ist die derzeitige Personalsituation im Gardeleger Gymnasium. Dort fehlen Lehrkräfte, unter anderem für die Fächer Musik, Kunst und Religion. Besonders dringend allerdings fehlen aktuell zwei Lehrkräfte im Bereich Sprachen. Eigentlich aus einem schönen Grund, denn die jungen Frauen erwarten oder haben bereits Nachwuchs bekommen.

Doch natürlich reißt ihr befristetes Ausscheiden ein Riesenloch in den Stundenplan der Schüler. Vor allem bei jenen, die Spanisch und Französisch belegt haben. „Russisch und Latein spielen schon gar keine Rolle mehr. Französisch ist unsere einzige Chance, überhaupt noch bei den Fremdsprachen wählen zu können“, sagt Emely Lotz, eine der künftigen Elftklässlerinnen, am Dienstagabend am Rande der Sitzung des städtischen Sozialausschusses.

„Und wir fühlen uns belächelt, wenn wir nachfragen“, sagt ihre Klassenkameradin Lilly Hofmann. Deshalb wollten sie ihre Sorgen nun auch einmal vor den Stadträten loswerden.

Und dort nimmt man sie ernst. „Wir haben zwar keinerlei Einflussmöglichkeiten, aber wir wollen natürlich auch zeigen, dass wir uns bewusst sind, dass es dort Probleme gibt“, sagt Bürgermeisterin Mandy Zepig. Dietlind Kreutz, Vorsitzende des Schulelternrates, darf kurz zusammenfassen, wie die jetzige Situation sich darstellt. Derzeit gibt es demnach nur noch eine Lehrkraft, die Französisch und Spanisch unterrichten darf. Eine Französisch-Dolmetscherin (den Kontakt zu der Muttersprachlerin hatte der Schulelternrat hergestellt) übernehme derzeit befristet zumindest 14 Wochenstunden im Fach Französisch bis zum Schuljahresende, so Kreutz. Damit sei abgesichert, dass von vier Wochenstunden drei unterrichtet werden könnten.

Für das neue Schuljahr sei dagegen noch alles offen. Und für die derzeitigen Sechstklässler bedeute dies unter Umständen, dass sie im kommenden Jahr als zweite Fremdsprache alle Russisch belegen müssten. Einzige Rettung wäre die Neubesetzung einer Stelle im Bereich Spanisch/Französisch. Eine solche sei zum Glück bereits ausgeschrieben, betonte Kreutz.

„Und zwar direkt für unser Gymnasium“ bestätigt auf Nachfrage Schulleiter Dietmar Collatz. Die Ausschreibung laute Französisch/beliebig oder Spanisch/beliebig. Bewerbungen seien zudem sogar für Seiteneinsteiger möglich. Seiteneinsteiger müssen zwar eine universitäre Ausbildung im jeweiligen Fachgebiet haben, aber nicht unbedingt ein Lehramtsstudium nachweisen können. Ein Mathematiker könnte so zum Beispiel Mathematik unterrichten.

Und diese Option sei bei Ausschreibungen keine Selbstverständlichkeit, betont Collatz, ebenso wie die Nachausschreibung selbst. Denn schließlich sei die vakante Stelle ja eigentlich besetzt. „Aber wir haben auch Druck gemacht.“ So habe die Schulleitung nicht nur auf dem offiziellen Weg die Auflistungen der Lehrerstellen eingereicht. „Wir haben auch immer wieder die Konsequenzen aufgelistet, die das Ganze für unsere Schüler hat“, so Collatz. Wichtig ist für ihn auch, dass der Stundenausfall nicht die Oberstufe betrifft.

Nun stehe und falle die Situation einfach mit dieser Stellenausschreibung, sagt Collatz realistisch. Ideal wäre natürlich ein Lehrer für Französisch und Spanisch. „Das wäre ein Sechser im Lotto.“ Selbst dann könnte die Schule zwar nicht für alle Schüler die freie Anwahl anbieten. Es würde die Situation aber deutlich entspannen. Insbesondere für die derzeitigen Sechstklässler.

Die nämlich könnten Französisch nur dann belegen, wenn der Unterricht von zwei Fachkräften an der Schule abgesichert ist. „Sonst dürfen wir das Fach nämlich gar nicht anbieten“, so Collatz. Es bliebe dann nur Russisch als „Wahlmöglichkeit“.

Und genau dagegen protestieren derzeit 63 Sechstklässler und ihre Eltern. Den Umschlag mit ihren Briefen werde er persönlich im Bildungsministerium angeben, versichert Sozialausschussmitglied Dirk Kuke am Dienstagabend. Und er erhoffe sich dafür auch die Rückendeckung der Stadt.

Auch die hat bereits in einem Brief ans Kultusministerium das Problem geschildert, betont Bürgermeisterin Mandy Zepig gestern auf Nachfrage.

Zudem wird es am Freitag im Landtag zum Thema Lehrermangel am Geschwister-Scholl-Gymnasium Gardelegen eine sogenannte „kleine Anfrage“ des Landtagsabgeordneten Andreas Höppner (Die Linke) geben. Er stellt unter anderem die Frage: „Welche Maßnahmen werden kurzfristig, aktuell und in Zukunft getroffen, um die desolate Versorgung mit Lehrpersonal, insbesondere im Bereich der zweiten Fremdsprache Spanisch und Französisch, am Gymnasium Gardelegen zu beenden, damit eine Benachteiligung der Schülerinnen und Schüler abgewendet wird?“

Die Sitzung des Landtages kann im Internet unter www.landtag.sachsen-anhalt.de im Livestream ab etwa 18.20 Uhr verfolgt werden und ist auch später noch abrufbar.