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Musikfest Kluge Text und gute Musik

Lieder, wie sie das Leben schreibt - mal komisch, mal zum Mal-in-sich-Gehen. Stellmäcke und Müller musizieren in Gardelegen.

Von Gesine Biermann 30.09.2016, 03:00

Gardelegen l Ein bisschen sehen sie ja aus wie Wolle Petry ohne Locken und Guildo Horn mit Mähne. In Wirklichkeit aber waren ihre Texte viel klüger und ihre Musik richtig gut. Zum ersten Mal waren Liedermacher Olaf Stellmäcke und sein Begleiter Michael Meikel Müller in Gardelegen zu Gast – und sicher ist: Sie dürfen öfter kommen.

Zumindest wenn man das Publikum befragt, das am Mittwochabend zu ihrem Konzert in der Gardeleger Bibliothek gekommen war. Denn die beiden Herren aus dem Süden – Stellmäcke kommt aus dem Erzgebirge, Müller aus dem Vogtland – machten allen viel Spaß. Und das lag eindeutig nicht nur an ihren Songs, sondern auch an ihrer unkomplizierten Art. Schon beim ersten Song fegten sie alle Berührungsängste fort. Wer wird schließlich nicht gern so eingeladen: „Kommt rein, ich hab ein Feuer entfacht... hier stört uns keine Straßenschlacht. Kommt rein, ihr könnt die Schuhe anbehalten... hier sind die Dielen noch die alten...“

Dass sich das Reinkommen dann Und dass sich das „Reinkommen“ tatsächlich für alle gelohnt hat, merken die zwei Herren auf der Bühne spätesten am Ende des Konzertes. Zweimal müssen sie noch rauf auf die kleine Bühne, so gut kamen ihre Songs nämlich an, in denen sich jeder wohl ein bisschen wiedererkannte – sich oder auch den Nachbarn von nebenan. Zum Beispiel den, der an jedem Tag der Woche immer den Schneemann umfährt, den die Kinder gebaut haben, egal wo der steht – bis sie ihn schließlich auf dem Wäscheplatz um einen Eisenpfeiler herum aufstellen. Oder den Weltenbummler, der zwar schon jeden Ort der Erde bereiste... nur der Spaziergang um den See mit der Liebsten, den kriegt er einfach nicht hin.

Mit viel Wortwitz und Charme nimmt Olaf Stellmecke – der in seinem Namen nur das E gegen ein Ä austauschte, um einen Künstlernamen draus zu machen – auch viele andere Themen aufs Korn. So die Digitalisierung, die bei ihm zum lustigen Testament eines Handyfans wird oder zum „Abgesang auf die neue Weltwährung, den Digi-Taler“. Für Spaß sorgt das Multitalent aber auch zwischen den Liedern. Und selbst die älteren Witze kommen an, weil er sie in drollige eigene Geschichten packt. Und dass sie bei vielen Songs mitsingen oder schnipsen dürfen, gefällt den Gästen sowieso.

Und natürlich gefällt ihnen die Musik. Dafür sorgt nicht zuletzt Stellmäckes Begleiter Michael Meikel Müller, der nicht nur virtuos das Schlagzeug und gleichzeitig die Sologitarre spielt, sondern auch für viele kleine Extraeinlagen zuständig ist – egal ob Rock oder Blues oder Jazz –, die dieses Musikkabarett zu etwas Besonderem machen. Nur wenn Müller mal ein bisschen über die Stränge schlägt, erinnert der Chef nachsichtig: „Genug Raum für Selbstdarstellungen. Ich hätte da noch Text.“

Und der ist immer wieder unverwechselbar und hat auch stets eine kleine Moral: wie zum Beispiel in dem Lied vom Außerirdischen, der plötzlich vor der Tür steht und ihn mitnehmen will, weil er sich schließlich selbst in eine andere Welt gewünscht hat. Die allerdings sieht auch nicht anders aus, als bei ihm zu Hause, stellt Stellmäcke schnell fest, denn wo er „noch Marmelade auf dem Herd“ hat, kocht beim Besucher aus dem All zu Haus ein Topf mit Lava. Auch ein Außerirdischer hat eben so seine Pflichten... Und den Besuchern wird klar: Es gibt gar keinen Grund, sich fortzuwünschen. Und schon mal gar nicht, wenn in der Lieblingsbibliothek so ein tolles Programm läuft.