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Reformation Die Altmark hatte ihren eigenen Reformator

Als Schüler Luthers brachte Bartholomaeus Rieseberg die Reformation in die Altmark.

01.11.2016, 19:00

Gardelegen (wrm) l Auch die Altmark hatte einen Reformator. Über das Leben und Wirken von Bartholomaeus Rieseberg sprach am Reformationstag Jürgen Bajerski, stellvertretender Vereinschef des Gardeleger Kultur- und Denkmalpflegevereines. In der Nikolaikirche hörten viele Interessenten, wie der bedeutendste Schüler Luthers lebte. „Ein Thema, in das man sich reinsteigern kann“, versicherte Bajerski.

In vielen Quellen hatte sich der Referent über die Stationen Riesebergs informiert, hatte zahlreiche Bilder mitgebracht – neben Zeichnungen von Rieseberg  auch Bilder von den Orten, an denen er vor 500 Jahren wirkte. Passend war der Vortrag übrigens nicht nur zum Reformationstag, sondern auch zu Riesebergs Todestag, der sich im August zum 450. Mal jährte, erinnerte Bajerski.

Geboren in Wernitz kam Rieseberg schon als junger Mann bald nach Gardelegen. Er unterrichtete als Unterstufenlehrer an einer Gardeleger Schule, bis er schließlich 1518 ein Jahr lang nach Wittenberg ging, um dort Luthers Schüler zu werden. Spätestens von da an wurde Rieseberg zu einem glühenden Verehrer des Reformators.

Fortan predigte er sein Wort auch in der Altmark, bekam deshalb Streit mit Gardelegens katholischen Priestern und wurde als Ketzer aus der Stadt verbannt. 1523 wurde Rieseberg im hessischen Grebenstein sogar ins Gefängnis gesteckt. Nach fünf Wochen Haft gelang ihm „mit Hilfe eines Weibes“ und mithilfe von Werkzeug, das in Brot eingebacken war, die Flucht.

Luther selbst schickte ihn daraufhin als Kaplan nach Schweinitz nahe Wittenberg. Später ging Rieseberg nach Seyda. Dort heiratete er eine Frau, von der indes nichts überliefert ist. Erst 1540 kehrte Rieseberg schließlich in seine altmärkische Heimat zurück, obwohl er hier immer noch viele Gegner hatte. Am 11. November 1539 hatte er zuvor in der überfüllten Marienkirche die erste evangelische Predigt gehalten.

Wegen seiner neuen Auffassung vom Glauben verließen laut Bajerski schließlich „gleich mehrere Geistliche freiwillig die Stadt“. Auch andere einflussreiche Bürger, unter anderem sogar zwei der Gardeleger Bürgermeister, verfassten Klageschriften gegen den neuen Kanzelprediger.

Rieseberg ließ sich jedoch nicht von Luthers Wort abbringen und setzte sich unter anderem auch dafür ein, dass fortan die neue evangelische Kirchenordnung in Gardelegen galt. Rieseberg strukturierte den Gottesdienst um und gab dem Abendmahl eine neue Form. Rieseberg ließ schließlich sogar die Marienkirche im Sinne Luthers umbauen.

In ihr, und zwar unter der neuen Kanzel, wurde der altmärkische Reformator 1566 schließlich auch begraben. Im Alter von immerhin 74 Jahren starb er kurz nach seinem ältesten Sohn an der Pest. „27 Jahre hat Rieseberg in Gardelegen gewirkt und hat auf jeden Fall Spuren hinterlassen“, erinnerte Jürgen Bajerski. Darauf könnten die Altmärker zu Recht stolz sein.

Von Kulturvereinschefin Anette Bernstein bekam Jürgen Bajerski – neben dem Applaus der Besucher – auch noch ein kleines Präsent überreicht. „Er hat sich wieder bemüht, viele Fakten auszugraben“, sagte Annette Bernstein schmunzelnd, „aber das ist ja schließlich auch seine große Leidenschaft.“